SPD-Position zu den Rücktrittsforderungen an den Landrat Dirk Adomat

Hameln, 26.04.2020/ Pressemitteilung des SPD Unerbezirks und der SPD Kreistagsfraktion Hameln-Pyrmont zur aktuellen Diskussion um die Gültigkeit der Stichwahl der Landratswahl. Hier der unveränderte Orginalwortlaut:

Pressemitteilung der SPD:

FDP spielt Rechtsstaat – SPD weist Rücktrittsforderungen als undemokratisch zurück   

Die Corona-Pandemie hat in den vergangenen Monaten zu vielen neuen Situationen und ungewöhnlichen Maßnahmen geführt. Eine von diesen Situationen war und ist die Frage, wie mit einer bereits begonnen demokratischen Wahl umzugehen ist.

Im März 2020 konnte die erste Wahlrunde der Landratswahl im Landkreis Hameln-Pyrmont wie gewohnt stattfinden. Die Stichwahl hingegen fiel bereits in eine Zeit, in der das öffentliche Leben aufgrund der Corona-Situation weitgehend eingeschränkt und ein sicherer Umgang mit dem Virus noch nicht erkennbar war. Die Kreiswahlleitung stand also vor der schwierigen Herausforderung, sowie zwei weitere niedersächsische Kommunen, über den Fortgang der Wahl zu entscheiden. Um sowohl die Entscheidung des Souveräns in der ersten Wahlrunde nicht zu ignorieren und andererseits die Stichwahl nicht auf unbestimmte Zeit verschieben zu müssen, entschied man sich zur Durchführung einer reinen Briefwahl. Dies wurde von allen Seiten als eine konsequente Lösung wahrgenommen und auch der Wähler schien dies durch eine deutlich höhere Wahlbeteiligung als noch in der ersten Wahlrunde anzunehmen.

Nunmehr riefen insbesondere bei der FDP-Kreistagsfraktion zwei Wahleinsprüche von Bürgern Zweifel an der juristischen Rechtmäßigkeit der Wahl auf. Zwar wurden die aufgeworfenen Fragen durch die Kreiswahlleitung beantwortet, aber der FDP-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Zemlin beruft sich auf einen zweiseitigen Sachstandsbericht des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages vom März 2020. Zemlin interpretiert die kurzen Ausführungen zu der Frage, ob eine grundsätzlich als Briefwahl durchgeführte Wahl verfassungskonform sein können, so, dass dies unter keinen Umständen möglich sei. Die Fachliteratur, die zu diesem Papier herangezogen wurde, hatte selbstverständlich die Auswirkungen einer Pandemie und die daraus resultierenden wahlrechtlichen Fragen nicht berücksichtigen können. Tatsächlich endet das Papier aber mit dem Ergebnis, dass eine Einschränkung bestimmter Wahlgrundsätze tolerabel sei, „soweit es sich bei der Briefwahl um einen Ausnahmefall und nicht um die Regel handelt.“

Dies deckt sich auch mit den Ausführungen der niedersächsischen Landeswahlleiterin, den Empfehlungen des niedersächsischen Innenministeriums und den Gesetzesänderungen zur Kommunalwahl in Bayern, die mitten in der Corona-Krise ebenfalls flächendeckend als Briefwahl durchgeführt wurden. Auch das anstehende Corona-Gesetzespaket des Landes Niedersachsen wird eine explizite Regelung für zukünftige Pandemiesituationen vorsehen und reine Briefwahlen ermöglichen. Dabei wird klar: Es ist und bleibt eine Ausnahme.

Sollten trotzdem weiterhin Zweifel an der Legitimität der Wahl und dessen Ergebnis bestehen, gibt es festgelegte Prozedere, die auch dem Juristen Zemlin bekannt sein dürften. Sollte den Wahleinsprüchen durch den Kreistag stattgegeben werden, so können die Verfahrensbeteiligten (Kreiswahlleiter und der gewählte Kandidat) gegen diese Entscheidung klagen. Bei einer Abweisung der Wahleinsprüche steht diese Möglichkeit natürlich auch den beteiligten Bürgern offen. Es ist daher absehbar, dass ein Gericht ohnehin über den Sachverhalt entscheiden wird. Was allerdings definitiv nicht in einem solchen rechtsstaatlichen Prozedere vorgesehen ist, ist die Schamlosigkeit und das undemokratische Verhalten der sich selbst als Rechtsstaatspartei bezeichnenden FDP. Denn ihr Fraktionsvorsitzender Zemlin (Jurist), äußerte sich nicht nur abfällig über den ihm ungeliebten Landrat, weil dieser kein Jurist sei, sondern fordert nun auch unverhohlen seinen Rücktritt. Der Grund: Weil er, Rüdiger Zemlin, Zweifel an der Rechtmäßigkeit von reinen Briefwahlen hätte und möglicherweise auch ein Gericht zu einer solchen Einschätzung kommen könnte, solle der Landrat doch schon besser jetzt zurücktreten.

Die SPD weist diese Forderung aufs Schärfste zurück. „Herr Zemlin muss sich fragen lassen, wie er es überhaupt mit der Demokratie hält. Offensichtlich gibt es – zumindest in Teilen – unterschiedliche inhaltliche Auffassungen verschiedenster Verfassungsorgane bezüglich Briefwahlen. Nun ein rechtsstaatliches Verfahren nicht abwarten zu wollen, um aber schon jetzt aufgrund einer einseitigen Betrachtung den Rücktritt eines gewählten Landrates zu fordern, ist abenteuerlich,“ sagt Barbara Fahncke, SPD-Unterbezirksvorsitzende.

Immerhin hat der gewählte Landrat Dirk Adomat nur mittelbar etwas mit der jetzigen inhaltlichen Auseinandersetzung zu tun. Er ging aus beiden Wahlgängen als Sieger hervor und Gründe für eine Bevorzugung eines Kandidaten durch das Wahlverfahren gibt es nicht. Insofern mag man sich damit beschäftigen wollen, ob die schwierige Entscheidung zur Durchführung einer reinen Briefwahl rückblickend juristisch korrekt war, am Wählerwillen und der damit ausgedrückten Entscheidung ändert das aber nichts.

„Der Gesetzgeber kann beim Aufstellen von Gesetzen nicht jeden Katastrophenfall bedenken und behandeln. Als Kreistagsfraktion vertrauen wir auf die Gewissenhaftigkeit und Unabhängigkeit des Kreiswahlleiters und auch auf die Landeswahlleiterin. Es täten alle Vertreter gut daran ihre Fragen und Zweifel vorzubringen, aber eben auch rechtsstaatliche Verfahren anzuerkennen. Die Forderung nach einem Rücktritt ist grotesk und nähme eine etwaige Entscheidung eines Gerichts vorweg. Herr Zemlin bestimmt weder das Ergebnis eines korrekten Verfahrens noch ist er in der Position dieses vorwegzunehmen. Persönlich bin ich sehr enttäuscht über ein solches Verhalten“, so Constantin Grosch, Vorsitzender der SPD Kreistagsfraktion.


Übersandt am 24.07.2020, eingestellt herral, 26.07.2020

Ein Gedanke zu „SPD-Position zu den Rücktrittsforderungen an den Landrat Dirk Adomat“

  1. Bin gespannt, wie es weitergeht. Persönlich kann ich keinen Fehler an der pragmatischen Ausnahmelösung dieser Briefwahl in besonderen Zeiten finden, doch bin auch keine Juristin…

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