Hameln, 28.09.2025: Günter Bialkowski schreibt als Feedback zur geplanten Zufriedenheitsumfrage der DEWEZET – Beitrag vom 27.09.2025:
Liebe Leserinnen und Leser,
am 27.09.25 wollte es die DWZ wieder einmal wissen, wie zufrieden ihre Leser mit der Arbeit der DWZ sind. Der Chefredakteur Thomas Thimm hält repräsentative Umfragen für ein probates Mittel um detaillierte Erkenntnisse über den Lesermarkt heraus zu finden. Da die Hochschule Weserbergland das Vorhaben wissenschaftlich begleitet, werde ich hierzu im Hamelner Bote gerne meine Meinung beisteuern, denn das Leserforum der DWZ hat seine eigentliche Funktion schon länger verloren, auch deshalb wurde diese Befragung wohl unumgänglich. Gut möglich, dass die Redaktion erkannt hat, dass es auch um mehr Leserbeteiligung geht. Am Ende des Beitrags schreibt Thomas Thimm: „Wir freuen uns immer über Feedback, konstruktive Kritik und auch Lob.“
Da mir die ganzheitliche und vielfältige Berichterstattung mit persönlicher Haltung vorgetragen - also die ganze Abbildung unserer Realität wichtig ist, möchte ich defizitäre Themen voran stellen. Themen gibt es genug und es Dunkelfelder und überstrapazierte Gewichtungen. Dies kann bei Lesern die sich wegen der hohen Kosten nur die (eine) DWZ leisten können, zur Unterversorgung bei wichtigen Information und Themen führen. Um es konkret zu machen: Ich halte die Beiträge über die Kriege in der Ukraine und den Gazastreifen in der DWZ für überproportional vertreten. Besonders wenig ausgewogen finde ich die Kritik an Israel! Die Berichterstattung über die Gräueltaten der Hamas finde ich andererseits zu gering. Auch die Auswirkungen dieses Krieges auf die Hamas-Sympathisanten auf unserem Territorium, unseren Plätzen und Straßen finde ich unverantwortlich kläglich behandelt! Weil es diese harten Demonstrationen mit Gewalt und Gegengewalt bei uns in Hameln so noch nicht gibt, sollte die Redaktion aber nicht so tun als gäbe es dies alles nicht in unserem Land. Hier - an dieser Stelle ließe sich auch die Clan-Kriminalität in anderen deutschen Städten ohne Hass erklären, schon allein deshalb, weil hier in gewisser Weise die Erfolge der AfD und der Frust der einheimischen Bevölkerung gegen die Migration sichtbar werden! Auch fehlt mir die übergreifende Solidarität mit anderen Kommunen, die im Kampf gegen Sozialmissbrauch, Verwahrlosung und Vermüllung einen fast schon aussichtslosen Kampf führen.
Andererseits schaut die Redaktion zu wenig nach rechts. Hierzu zähle ich auch die Zeit der Redaktionsleitung unter Dr. A. Griesser von 1986 bis 2002. Meines Ermessens gehört diese Zeit wissenschaftlich aufgearbeitet, es wäre aber auch schon angemessen, wenn die Redaktion von sich aus eine Aufarbeitung anstreben würde. Es gilt die einfache Frage zu beantworten, hat die DWZ durch ihre Produkte und ihr Erscheinungsbild in der Vergangenheit den Boden für die heutigen Erfolge der AfD in Niedersachsen mit vorbereitet? Außerdem fehlt der Blick über den Tellerrand, was passiert da gerade tief im Westen, im Ruhrgebiet durch und mit der AfD? Ich frage mich, gelingt der AfD hier der breite Durchbruch auch im Westen? Und warum klammern Redaktion und Journalisten bei uns dieses Thema so beharrlich aus? Ich sehe hier das Wächteramt der vorausschauender Berichterstattung und Einordnung durch die Redaktion nicht ausreichend erfüllt. Der Chefredakteur Thomas Timm hat uns Lesern schon vor längerer Zeit einen Tacheles-Journalismus angekündigt? Wo Bitteschön hat es auf den dargestellten Politikfeldern von ihm einen solchen Beitrag gegeben. Die heutige Realität erfordert einen anderen, mutigeren und direkten Blick, sonst wird unsere Region abgehängt. Lokales Denken muss breiter ausgerichtet werden.
Letzter Punkt, unsere Demokratie befindet sich in einem prekären Zustand. Nicht nur unsere Industrie schwächelt, auch unsere Demokratie zeigt Risse, krankt an verkrusteten Strukturen. Zunehmend werden massenhaft Arbeitsplätze abgebaut und dies nicht nur in der produzierenden Autobranche. Auch hierzu finde ich zu wenig Einstimmung der Bürger auf dass, was jetzt alsbald auf uns zukommt! Nur über das Zahlenmaterial und welche Großfirmen weiter Personal abbauen zu berichten, genügt nicht mehr! Eine Heimatzeitung muss hier das ganze Bild mit allen sozialen Aspekten abbilden. Muss die Ängste vor Arbeitsplatz-Verlust der Bürger auffangen und darüber berichten. Gleichzeitig aber auch das Ansteigen der Populisten und der AfD im Auge behalten und zu einander in Bezug setzen! Hier an diesem Punkt kommt für alle Zeitungen und Medien jetzt die Zeit der Bewährung und des Mutes, denn es gilt amerikanische Verhältnisse, wie auch eigene Fehler der Vergangenheit zu verhindern!
Das negative Beispiel und letztlich das Scheitern in der späten Weimarer Demokratie muss uns allen, vor allem aber einer Tageszeitung am Herzen liegen. Die Vielzahl unserer inneren Gefährdungen der Demokratie und das Streben der AfD nach Regierungsämtern im lokalen Bereich (siehe Stichwahlen im Ruhrgebiet) sind die gleichen Konstellationen wie wir sie schon einmal in Deutschland erlebt haben. Ich vermisse jedenfalls mutige Leitartikel und Kommentare, die von innerer Haltung getragen auch gegen inflationäre Umfragen anschreiben. Heute müssen wieder Ross und Reiter genannt werden. Leser können, wenn die Redaktion einer Tageszeitung ein Vertrauens-Verhältnis zu ihrer Leserschaft entwickelt hat, neutral auf ein Missverständnis aufmerksam gemacht werden. Das heisst, eine freie Wahl als Protestwahl gegen die Regierenden in Berlin oder vor Ort zu missbrauchen, stärkt immer nur die Ränder vor allem aber die AfD. Dies deutlich an die Leser zu vermitteln, sollte mehr als bisher Priorität haben. Und es kann gelingen, wenn die DWZ insgesamt wieder mehr Nähe zum Leser erkennen läßt.
So gesehen kann und sollte die DWZ das Ergebnis der Leser/Bürger-Befragung als Chance für eine zukunftsfähige Tageszeitung im ländlichen Raum begreifen. M. E. hat sie die größten Überlebenschancen, wenn sie sich dem anwaltschaftlichen Journalismus öffnet. Mehr denn je brauchen unsere machtlosen Minderheiten und sozial und wirtschaftlich schwachen Gruppen einen Anwalt der für ihre Interessen eintritt. Die Politik in Berlin zeigt hier große Schwächen und versucht durch Einsparungen bei den Ärmsten den überbordenden Sozialstaat zu bremsen, ohne jedoch die wahren Verursacher der hohen Sozialkosten zu benennen. In Köln wurde anlässlich des anstehenden Wahlkampfes sogar ein Stillhalteabkommen unter den demokratischen Parteien geschlossen, für die Zeit des Wahlkampfs das Thema Migration nicht zu thematisieren! Das kann es doch nicht sein - die Wut und der Vertrauensverlust unter der deutschen Bevölkerung ist groß. Journalisten in Hameln sollten auch über solche undemokratischen Verhaltensmuster eingehen und berichten.
Bei der Übernahme einer sozialen Funktion wie oben dargestellt, würde den Journalisten der DWZ die Rolle eines Vermittlers zuwachsen, sie könnten den öffentlichen Raum bereiten und die sozialen Brennpunkte benennen. Wir alle müssen schnell lernen, denn so wie bisher wird es nicht weiter gehen. Unser höchstes Gut, der soziale Friede im Innern wird heute durch die schnelllebige Transformation, große Ungerechtigkeiten (arm / reich) und den Reformstau vielfältig bedroht. Nicht alles kann von der Polizei und vom Rechtsstaat geregelt werden. Mehr denn je stünde der sog. Vorpolitische Raum in Hameln und Umgebung der DWZ als Operationsfeld zur Verfügung. Unsere gespaltenen Gesellschaft braucht Ausgleich, braucht Frieden - die DWZ sollte ihre Chance ergreifen.
Günter Bialkowski
28.09.2025, herral