Eine (weitere) Zeitungskritik.
Teil 2: Thema „Leserbriefverrohung“
Am 15.07.2019 veröffentlichte die DEWEZET im überregionalen Teil einen Bericht, in dem die (meine) Gewerkschaft der Polizei (GdP) Probleme der Polizei bei der Vollstreckung von Haftbefehlen beschreibt und eine personelle Verstärkung der Fahndungsgruppen fordert.
Am 19.07.2019 – erstaunlich schnell = vier Tage später, veröffentlicht die Redaktion auf der Leserbriefseite oben links, verstärkt mit einem aufmerksamkeitsheischenden Foto und der Schlagzeile: „Jämmerliches Geheule der Polizei“ eine Lesermeinung. Sprachlich ist nicht nur die herausgehobene Schlagzeile bemerkenswert. Da unterstellt der Verfasser, dass bei nahezu jedem Missstand unserer Republik die GdP und der Beamtenbund mit „jämmerlichem Geheule“ mehr Beamte, ab besten gleich mit dem passenden Parteibuch fordert. Exekutive (und Legislative) seien fest in der Hand von Parteien und Gewerkschafter, ohne „verbrieftes Glaubensbekenntnis (Partei- oder Gewerkschaftsbuch“ sei in unseren Staatsorganen keine Karriere zu machen.
Nun kann man letzteres glauben – richtig ist es dadurch nicht. Tatsache ist, dass in der Polizei die Auswahl sich durch Gesetz festgelegt ausschließlich nach Eignung, Leistung und Befähigung zu richtet hat. Ich bin an einer Vielzahl von Auswahlentscheidungen innerhalb der Polizei als quasi Zeuge dabei gewesen. Das Parteibuch ist bei der Spitzenbesetzung von politischen Positionen, innerhalb der Polizei sind das die Polizeipräsidenten, (ausdrücklich als politische Beamte bezeichnet) wichtig.
Alles andre ist schlicht Unterstellung/Mutmaßung und wahrheitswidrig!
Sollte es im Einzelfall Missbrauch geben – ausschließen kann man das dort, wo Menschen handeln nie ganz – dann rechtfertigt das dennoch in keiner Weise eine so generelle Pauschalverunglimpfung.
Die DEWEZET hat den Leserbrief für jeden zugänglich im Internet eingestellt. Wer ihn im Original lesen will sollte die Überschrift googlen – ich will das geschriebene nicht direkt verlinken.
Bemerkenswert noch der Lösungsvorschlag am Schluss. Alles ließe sich mit Blick auf Amerika leicht lösen. Mit Kopfgeldprämien – effektiv und preiswert. „Oder sind wir zum Abschreiben zu dämlich?“.
Wenn jemand auf Facebook ungehemmt so etwas tippt, dann ist das das eine. Wenn aber eine Tageszeitung so etwas dann auch noch so exponiert veröffentlicht, ist das was Besonderes.
Die Redaktion bewertet ihn als „würdig“ für eine Veröffentlichung. Das bedeutet nicht, dass die die Inhalte teilt. Ich frage mich, wenn ein Beitrag in
ähnlichen Stil sich mit Journalismus, Krankenschwestern, oder Einzelhändlern auseinandersetzten würde, was die Berufsangehörigen dazu sagen würden. Dieser Leserbrief ist grenzwertig. Er zeigt, wie ein Mensch denkt und wie eine Redaktion bewertet. In dieser Kombination dann wiederum aufschlussreich.
In den „Spielregeln“ für Leserbriefe veröffentlicht die Redaktion auf der gleichen Seite u.a.:
„Leserbrief dürfen keine persönlichen Angriffe, unwahre oder nicht überprüfbare Tatsachenbehauptungen enthalten.
Ralf Hermes, 12.08.2019
Text als PDF:
Nachtrag:
Gehört die „politische Korrektheit“ (für mich zählt dazu auch ein gewisses Maß an Sachlichkeit) wirklich auf den Müllhaufen der Geschichte? Veränderung ist ein schleichender Weg. Stück für Stück, von einer Grenzüberschreitung zur nächsten. Wenn irgendwo Grenzmauern gebaut werden sollen, dann wünsche ich mit ethisch/moralische Schutzwälle, die sprachliche Verrohung nicht gesellschaftsfähig macht.