Gastbeitrag: Gesundheitsmarkt jenseits von Hochglanz-Broschüren und Journalistentalk!

Hameln, 28.05.2023: Gastbeitrag: Am 25. Mai 2023 erschien im Wirtschaftsteil der Dewezet der Artikel „Der Patient bringt Profit“. Thomas Magenheim der Autor informierte, analysierte und zitierte erste kritische Studientexte.

          
Angesichts unserer komplexen Gemengelage auf dem Gesundheitsmarkt ist dieser Bericht von Thomas Magenheim ein erster Lichtblick für uns Endverbraucher aber auch für die DWZ selber! Sein faktenbasierter Beitrag läßt hoffen, dass die marktfreundliche Sichtweise der Heimatzeitung auch noch Raum für Qualitäts-Journalismus bereit hält. Wenn bei uns Praxiskonzerne unsere Strukturen wie schon im Krankenhaus- und Altenpflege-Bereich weiter verändern, dann müssen Presse und Politik zur Kenntnis nehmen, dass hier gerade eine fundamentale Veränderung unserer Gesellschaft stattfindet. Der Gesundheitsmarkt ist nicht irgend ein Markt, sondern ein sensibler, menschlich-intimer mit Ängsten und Emotionen besetzter Raum! In dem viele sozial-ethisch offene Fragestellungen auf ihre Beantwortung warten. Es wird vor allem Zeit, dass jemand die Frage stellt: Wieviel Markt verträgt unser Gesundheitssystem?! Wissenschaftlich ist das Thema in Universitäten und Forschungs-Instituten längst auf der Tagesordnung. Es wäre die Pflicht unserer Medien und Tagespresse die Menschen auf diese Veränderungen vorzubereiten! Kampagnenartig und nachhaltig müssten wir sensibilisiert und darauf hin gewiesen werden, was es bedeutet, wenn bei uns mehrheitlich Private-Equity-Gesellschaften oder sonstiges Beteiligungskapital auch noch den gewohnten Hausarzt ablösen!  
Angesichts der anstehenden Herausforderungen brauchen wir in der Bevölkerung eine breit angelegte Diskussion über die Chancen und Grenzen weiterer Ökonomisierungen und natürlich auch, wie gesamtgesellschaftlich Kosten vermieden werden können. Letztendlich stellt sich die Frage käme es unserer Gesellschaft nicht besser zu stehen, wenn all die Leistungen die wir heute erbringen systemisch anders eingesetzt würden? War die damals politisch gewollte Privatisierung, die ja einen Pflege-Mittelstand ins System einführen und damit mehr Wettbewerb generieren wollte, nicht letztlich eine Sackgasse in die Unfinanzierbarkeit? Sehen wir doch heute, dass immer mehr Gelder aus Solidarkassen und Steuermitteln zunehmend von Pflege-Großunternehmen, Krankenhaus-Ketten und Anlage-Unternehmen abgegriffen werden! Und sich dort der betriebswirtschaftliche Druck auf Ärzte und Pflegepersonal negativ bis in die Patientenversorgung hinein auswirkt! Wir brauchen m. E. eine ordnungs-ethische Neu-Bewertung des gesamten Gesundheits-Marktes, welche der zunehmenden Kommerzialisierung Grenzen setzt! 

Doch dazu bedarf es des gemeinsamen politischen Willens der Mehrheit unserer demokratischen Parteien und aller anderen, die guten Willens sind!  Und für die Transparenz bis dahin benötigt es Medien und eine Presse, die unabhängig und frei von wirtschaftlichen Zwängen sich um einen anderen Blick auf die Gesundheitslage bemühen! Guter, kritischer Journalismus muß aufklären, gegen Verkrustungen anschreiben, erst dann kann er für diesen überbordenden Gesundheits-Markt zum Korrektiv für alle werden! 

Dieser Beitrag darf auch gut und gerne als Appell an unsere Eliten verstanden werden. Sozio-sozial, ganzheitlich, aktuell und mit voller Dosis Transparenz mit allen Informationen von unseren Funktionseliten versorgt zu werden ist heute fast schon ein Privileg! In Bezug auf unseren Gesundheitsmarkt hat auch eine spürbare Entfremdung zwischen oben und unten stattgefunden. Diese Entwicklung ist nicht nur der Verwissenschaftlichung, Professionalisierung und Individualisierung in der Gesundheits- und Pflege-Branche geschuldet. Es hat auch mit dem allgemeinen Vertrauensverlust und dem Ansehensverlust der unteren sozialen Schichten zu tun. Darüber schreibt kaum jemand! Vieles was heute im Gesundheitsgeschehen üblich und Praxis geworden ist, ist ohne Mitwirkung der normalen Bürger geschehen. Sie sind bis auf den Urnengang zu demokratischen Wahlen den Spitzenvertretern in Mittel- und Oberschicht ausgeliefert. Durch Verunsicherung und täglichen Existenzkampf kommt noch ein anderes, stress-fundiertes Lebensgefühl hinzu. Dazu schreibt der Journalist Arno Makowsky, „Untersuchungen zeigen, dass die bürgerliche Mittelschicht in den vergangenen Jahren immer aggressiver und sozialverächtlicher geworden ist. Das Funktionieren in einer durchökonomisierten Gesellschaft lässt offenbar Rücksichtnahme immer weniger zu.“ 

Günter Bialkowski

veröffentlicht am 28.05.2023, herral

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.