Gastbeitrag: „Kindeswohl – drohende Abschiebung verhindern“

Hameln, 21.11.2022: Folgender Appell an den Oberbürgermeister Claudio Griese wurde uns heute zur Veröffentlichung übersandt. Hintergrund sind zwei Veröffentlichungen der DEWEZET vom 16. und 17.11.2022. Hier wird die drohende Abschiebung einer albanischen Familie thematisiert.

Jutta Krellmann / Peter Kurbjuweit , Hameln, 21.11.2022

Öffentlicher Aufruf an den Oberbürgermeister der Stadt Hameln

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Griese,

mit Erschrecken haben wir in der DEWEZET von dem Schicksal der Familie xxxx* gelesen, die von der Ausländerbehörde der Stadt Hameln mit Abschiebung bedroht wird. Die Familie lebt bereits seit 8 Jahren in Hameln. Die Eltern waren beide bis zum Entzug der Arbeitserlaubnis in der Gastronomie tätig, die Tochter xxxxx* ist hier geboren und geht in die zweite Klasse der Wilhelm-Raabe-Schule.

Die Folgen der drohenden Abschiebung beschreibt die Schulleiterin Frau xxxx*: „Bei einer Abschiebung würde das Mädchen aus einem Umfeld herausgerissen, in dem es sich sicher fühlt, in dem es gut integriert ist, gut lernen kann und in eine Situation der Verunsicherung gesetzt.“

xxxx* appelliert: „Wir plädieren eindeutig dafür, dass das Mädchen bleiben darf“

Die besondere Dramatik für xxxx* stellt auch der Hamelner Kinder- und Jugendpsychologe Dr. xxxx xxxxx* heraus, der sich dafür ausspricht, bei der Beurteilung einen genaueren Blick auf das Kindeswohl zu werfen.

Die Familie hat, seit sie in Deutschland lebt, nie Sozialleistungen bezogen. Beide Elternteile arbeiten in Mangelberufen und werden dementsprechend auf dem hiesigen Arbeitsmarkt gebraucht.

Aus persönlichen, menschlichen, ökonomischen und demographischen Gründen ergeben Ausweisung und Abschiebung keinen Sinn. 

Deshalb appellieren wir, an Sie als Oberbürgermeister der Stadt Hameln, die drohende Abschiebung von Zimbile und ihren Eltern zu verhindern und das Kindeswohl in den Vordergrund zu stellen.

Mit hoffnungsvollen Grüßen

Jutta Krellmann

Peter Kurbjuweit


*die Namen wurde von mir zum Schutz der Betroffenen unkenntlich gemacht


Als Anlage ist dem Brief folgende Unterschriftenliste beigefügt:

*Namen von hier zum Persönlichkeitsschutz unkenntlich gemacht.

herral, 21.11.2022

Update 24.11.2022: Am 22.11.2022 leitete Peter Kurbjuweit folgende Antwortmail von Oberbürgermeister Claudio Griese weiter:

Sehr geehrte Frau Krellmann,

sehr geehrter Herr Kurbjuweit,

zunächst vielen Dank für die Zusendung des öffentlichen Aufrufs.

Vorangestellt möchte ich erwähnen, dass die Ausreisefrist zunächst weiter verlängert wird, damit wir mit der Familie das weitere Vorgehen besprechen können. Hintergrund für diese Entscheidung ist der rechtlich komplexe Sachverhalt und die nachfolgend aufgeführte Entwicklung.

In diesem Zusammenhang haben wir gerade eine Rückmeldung der Härtefallkommission zum Fall der Familie Jacaj/Meci erhalten. Danach wurde der Antrag der Familie nicht von der Härtefallkommission angenommen.

Unabhängig davon arbeitet die Stadt Hameln bereits seit längerem daran, eine humane Lösung für die betroffene Familie zu erreichen. Wir haben bereits in der Vergangenheit die Ausreisefrist immer wieder verlängert – in der Erwartung, dass sich die Familie um einen Termin in der Deutschen Botschaft in Albanien bemüht. Hintergrund: Bei der Deutschen Botschaft könnte die Familie Jacaj/Meci ein Visum zur Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland beantragen, um dann wieder legal einreisen zu können.

Wir erkennen die Integrationsleistungen der Familie ausdrücklich an und haben ihr bereits seit 2021 mehrfach diese Möglichkeit aufgezeigt, auf legalem Weg ein Aufenthaltsrecht zu erlangen. Aufgrund der Identitätstäuschung in der Vergangenheit kommt im Fall der betroffenen Familie nur die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit in Betracht. Ein Visum kann/darf nicht die Ausländerbehörde erteilen, dies darf nur eine Deutsche Botschaft (in Albanien).

Gründe, die gegen die Erteilung des Visums sprechen könnten, sind in diesem Fall bisher nicht ersichtlich. Erst nach der Wiedereinreise mit dem entsprechenden Visum ermöglicht uns das Aufenthaltsgesetz, der Familie eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Nachdem die Familie uns im November vergangenen Jahres von ihren Schwierigkeiten, einen Termin bei der Deutschen Botschaft zu bekommen, berichtet hatte, hatten wir seinerzeit dort interveniert und auf die Dringlichkeit des Falls aufmerksam gemacht. Wir gehen davon aus, dass die Familie auch selbst weiter versucht, einen Termin zu vereinbaren.

Zuletzt hatten wir mit der Familie besprochen, dass sie (wegen ihrer schulpflichtigen Tochter) in den Sommerferien zur Durchführung des Visumverfahrens ausreisen sollte. Die Ausreise erfolgte vereinbarungsgemäß am 19.07.2022. Wider Erwarten reiste die Familie erneut ohne Visum und damit unerlaubt am 31.08.2022 wieder ein. Deshalb waren wir gesetzlich verpflichtet, die Familie wiederum zur Ausreise aufzufordern.

Wie Sie bereits den Ausführungen entnehmen können, handelt es sich hierbei zweifelsohne um einen besonderen Fall, dem wir mit einer humanen Lösung weiterhin Rechnung tragen wollen. Eine Durchführung der Abschiebung ist aufgrund der oben angekündigten (neuerlichen) Verlängerung der Ausreisepflicht nicht vorgesehen.

Ich gehe davon aus, dass Ihre Bedenken und Sorgen einer Abschiebung bzw. möglicher Weiterungen ausgeräumt sind.

Hoffen Sie mit mir gemeinsam, dass endlich ein Termin bei der Deutschen Botschaft in Albanien stattfinden kann, damit dort ein Arbeitsvisum für einen legalen Aufenthalt der Familie in Deutschland erteilt wird.

Vielen Dank für Ihre Bemühungen!

Mit freundlichen Grüßen

Claudio Griese

Oberbürgermeister

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