02.11.2024: Karsten Holexa berichtet über die Veranstaltung am Samstag dem 30. Nov. 24 um 11 Uhr im Kunstkreis Hameln.
Deutliche Worte von Oberbürgermeister Claudio Griese – Städte gegen die Todesstrafe
Die Stadt Hameln und die örtliche Gruppe von Amnestie International hatten für Samstag (30.11.) zu einer Gedenkstunde gegen die Todesstrafe eingeladen.
Im Jahr 2023 gab es nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen weltweit 1153 dokumentierte Hinrichtungen. Das ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 31%, so Oberbürgermeister Griese in seine Ansprache. Dieses dokumentiere, die globale Menschenrechtslage hat sich deutlich verschlechtert. Das sei ein Alarmsignal – 576 Hinrichtungen im Iran und 196 in Saudi-Arabien. Für China geht Amnesty International jährlich von tausenden von Hinrichtungen aus. In einer der ältesten Demokratien, den USA, sind im letzte Jahr 18 Todesurteile vollstreckt worden.
Die Botschaft die Hameln sendet ist für den Oberbürgermeister unmissverständlich: die Hinrichtung eines Menschen – sei es aufgrund eines Verbrechens, aufgrund seiner sexuellen Orientierung oder seiner politischen Meinung ist eine nicht hinzunehmende Verletzung der Menschenrechte. „Mord ist verabscheuungswürdig, ebenso das staatlich sanktionierte Töten“.
Besonders die LGBTO-Bewegung (queere und homosexuelle Menschen) würden in einigen Ländern in der letzten Zeit verfolgt werden. Hier werde die Todesstrafe klar als Unterdrückungsinstrument eingesetzt, führte der OB aus. Hameln habe sich im laufenden Jahr auch an dieser Stelle mit dem ersten Christopher-Street-Day deutlich positioniert und werde dieses verstärkt weiter fördern.
Der 30.11. ist der internationale Gedenktag gegen die Todesstrafe, an dem Hameln seit 2008 teilnimmt. Im Rahmenprogramm gab es einfühlsame und zum Teil virtuos gespielte Gitarren-Musik vom Julian Scarcella. Vertreterinnen der örtlichen Amnesty International Guppe trugen den unten abgedruckten Brief von Hamed Ahmadi vor, der im Iran hingerichtet wurde:
Brief aus der Todeszelle
Selten können uns diejenigen, die in den Todeszellen im Iran ihr Dasein fristen, von ihrer Situation berichten. Nun ist ein Brief von Hamed Ahmadi aufgetaucht, einem Mann, der nach einem unfairen Gerichtsverfahren hingerichtet wurde.
„An einem kalten Herbstmorgen im November 2012 weckten sie mich auf und sagten, ich würde ins Sanandadsch-Gefängnis[Provinz Kordestan]verlegt werden. Normalerweise werden zum Tode verurteilte Personen nur zur Vollstreckung der Strafe verlegt. Ich fühlte, wie der Schatten der Hinrichtung sich auf mich legte. Alle Insassen des Trakts wurden versammelt. Wir dachten, dass man uns vielleicht einfach verlegen würde, doch die erniedrigenden Blicke der Wärter verrieten etwas anderes. Sie legten uns allen Handschellen und Augenbinden an, schoben uns in einen Bus und verhöhnten uns.
Ich versuchte mir eine schöne Erinnerung vor Augen zu rufen, um Kraft zu schöpfen. Aber es ist schwer, an Glück zu denken, wenn man sich an der Schwelle zum Tod befindet. Als wir ankamen, beförderten sie uns aus dem Bus und warfen unsere Habseligkeiten auf den Boden. Sie nahmen uns die Augenbinden ab und brachten uns in einen Raum, dessen Wände mit handschriftlichen Nachrichten von Menschen übersät waren, die man vor ihrer Hinrichtung dorthin gebracht hatte. Wir nahmen die Gebetswaschung vor und beteten für Frieden und Trost.
Die Tür öffnete sich. Unsere Herzen begannen zu rasen. Der Alptraum vom Tod würde jetzt zur Realität werden. Sie trennten uns voneinander. Der Mut verließ uns und unsere Ängste übernahmen immer mehr die Kontrolle. Es sind jedoch danach noch 45 Tage vergangen. An jedem dieser Tage rechneten wir damit, dass man uns am nächsten Tag hinrichten würde. Aber niemand holte uns. Wir gingen 45-mal dem Tod entgegen. Wir verabschiedeten uns 45-mal vom Leben.
Gerade als wir begannen zu hoffen, dass wir nicht hingerichtet würden, als wir uns wieder erlaubten, an das Leben zu denken, erschienen unsere Namen auf der Liste der Personen, die in das Raja’i-Shahr-Gefängnis verlegt werden sollten. Erneut der Alptraum vom Tod. Erneut das wiederkehrende gedankliche Bild eines Mannes, der am Galgen baumelt. Dort angekommen, gaben sie uns hellblaue Kleidung. Die ist für die Häftlinge bestimmt, die hingerichtet werden sollen.
Die drohende Hinrichtung begleitete mich und meine Familie jede Sekunde. Meine Familie wurde mit mir immer und immer wieder hingerichtet. Man hielt uns in einer Situation fest, in der sich jede Minute so anfühlte, als hätte man uns eine Schlinge um den Hals gelegt.“
Dies sind die letzten Worte, die die Angehörigen von Hamed Ahmadi von ihm haben. Was ihm passiert ist, ist schockierend, aber im Iran an der Tagesordnung.
holkar
radio aktiv berichtet wie folgt:
Eingestellt: herral, 02.12.2024