Hameln, 19.12.2024: Eine Reihe von Feuerwehrfahrzeugen vor dem Eingang der Rattenfängerhalle. Eine Tagesordnung mit mehr als 50 Abstimmungspunkten. Ein Sitzungsdokument mit 1.694 Seiten. Dazu jetzt ein (kurzer) Verlaufsbericht zu mehr als drei Stunden Ratssitzung:
Die Feuerwehr Hameln war demonstrativ vorgefahren und setzte ein Zeichen mit ihren großen Fahrzeugen vorm Zugang zum Sitzungsraum der letzten Ratssitzung des Jahres 2024.
Die Sitzung startete mit 15 Minuten Verspätung. Etwa 40 Gäste hatten sich im Zuhörer Bereich eingefunden. Die Feuerwehr stellte eine starke Abordnung. Für die Medien waren Oliver Hoppe von radio aktiv und Herr Killmann und Herr Niemeyer für die DEWEZET mit dabei. Die Sitzung wurde von Werner Sattler (SPD) geleitet. Entschuldigt fehlten drei Mitglieder des Rates.
Die Tagesordnung kann im Ratsinformationssystem zusammen mit den Abstimmungsergebnissen eingesehen werden: https://ris.hameln.de/ris/hameln/meeting/details/2869
Das Sitzungsdokument mit allen Anträgen und den Anlagen (1.694 Seiten) ist mittlerweile nicht mehr verfügbar. Ich werde hier einige Fotos aus dem PDF einstellen. Die öffentliche Sitzung dauerte 3 Stunden und 10 Minuten (von 18.15 bis 21.25 Uhr). Ihr schloss sich ein nichtöffentlicher Teil an.
Einige Besonderheiten, die ich für berichtenswert halte:
- Bürgerfragen gab es eine. Ein Landwirt fragte nach den Steuermehrbelastungen durch die neuen Grundsteuerregelungen. Hierzu antwortete Herr Struckmeyer, dass die Regelung für die Stadt Hameln aufkommensneutral sei. Es gäbe allerdings „Gewinner und Verlierer“ – zuständig für die Festsetzung sei das Finanzamt.
- Es meldete sich Rüdiger Zemlin, FDP, zu Wort und begründete 10 Minuten lang, warum die FDP die Vorlage „Zukunftsanforderungen an Baugebiete“ nicht mitträgt. Er führte Mehrkosten von angeblich 18-20 % durch diese Anforderungen an, die sich z.B. für das neue Schulzentrum des Landkreises auf bis zu 20 Millionen Euro summieren könnten. Der Landkreis könnte ggf. mit dem Bau nach Hessisch Oldendorf ausweichen, da dort solche Regelungen nicht bestehen würden. Abgelehnt würden z.B. die Regelungen über anzupflanzende Bäume. Sämtliche Umweltmaßnahmen sollten besser der Freiwilligkeit der Bauenden überlassen bleiben. Für die SPD lehnten Bettina Schultze, für die CDU Thorsten Sander diese Ansinnen ab. Unterstützung bekam Herr Zemlin von Ratsherren Cornelius Volker (AfD) und Hermann Campe (Frischer Wind/DU). Insgesamt hatte der Antrag sechs Befürworter (3x FDP, 1x AfD, 2x FW/DU). Alle anderen lehnten das Ansinnen ab (34 Gegenstimmen). Man habe hier einen guten, sachliche Weg gefunden, so Herr Sander.
- Die Stadtverwaltung hat Sachspenden in Höhe von 19.500 Euro angenommen. Einzelheiten dazu sind nicht öffentlich.
Es folgten die Haushaltsreden:
- Björn Lönnecker sprach als Vorsitzender des Finanzausschusses = 30 Minuten
- Wilfried Binder sprach für die SPD = 30 Minuten
- Birgit Albrecht sprach für die CDU = 26 Minuten
- Anett Dreisvogt sprach für die Grünen = 6 Minuten
- Rüdiger Zemlin sprach für die FDP = 17 Minuten
- Hermann Campe sprach für FW/DU = 7 Minuten
- Cornelius Volker (AfD) und Daniel Wünsch (Die LINKE) meldeten sich nicht zu Wort.
Für die Stadtverwaltung sprach Oberbürgermeister Claudio Griese 15 Minuten
Am Ende wurden sowohl das Haushaltssicherungskonzept als auch die Haushaltssatzung der Stadt Hameln für den Haushalt 2025 einstimmig mit 40 Stimmen beschlossen.
Folgende Einzelheiten fand ich noch interessant:
- Sumpfblume: Hier stimmte der AfD Vertreter im Rat gegen die Förderung. Ein CDU Ratsherr enthielt sich.
- Baumnachpflanzungen: Hier beantragte die FDP eine Mittelkürzung, bekam aber dafür nur die Zustimmung von AfD und FW/DU
- Der erhöhte Zuschuss für das Stadtmarketing (HMT) wurde von Hermann Campe und Klaus Pfisterer abgelehnt.
Siehe ansonsten:
Folgende Haushaltsreden wurden mir zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt:
a) Anett Dreisvogt / Grüne:
b) Wilfried Binder, SPD:
Die SPD übersandte dazu noch eine zusammenfassende Pressemitteilung:
Bewertung / Meinung / Kommentar von mir:
Hamelns Oberbürgermeister Claudio Giese sprach von einem Jahr, in dem es sehr schlimm gekommen sei. Er verwies aber auch auf Positives, welches in der Diskussion zu den aktuellen Haushaltsfragen kaum noch Beachtung gefunden habe. Die Kita Aubuschweg, die Sanierung der Grundschule Afferde, die Hermannschule oder auch die Feuerwehrhäuser – alles Verbesserungen. Er sprach von einer Dynamik, die kaum noch zu beherrschen sei und einer Erosion des Vertrauens in staatliches Handeln. Eine betroffen / nachdenklich machende Rede, die ein gutes Ende mit dem Verweis auf einen gemeinsamen Weg fand.
Die Spannungen zwischen CDU und SPD insbesondere im Themenfeld Schulen kamen in den beiden Haushaltsreden zur Sprache. Die Fraktionen trennt so manches. Die gefühlte Temperatur zwischen den Akteuren könnte eigentlich besser sein. Positiv fällt auf, dass die Gruppe von SPD/Grüne augenscheinlich sehr reibungslos funktioniert.
Der Ratsherr der AfD fällt nicht sonderlich auf. Er versucht sich nicht zu profilieren. Stimmt oftmals mit der FDP, trägt aber gemeinsam mit allen anderen dann auch die Konsensentscheidungen.
Inhaltlich versucht sich die FDP vor allen anderen als Anti-Umwelt-Partei zu profilieren. Dass sie dabei bei der CDU keine Zustimmung findet, beruhigt mich. Das Abstimmungsverhalten von DU und FW hier ist irritierend. Anerkennung zolle ich allerdings Herrn Campe und Herrn Pfisterer, die als einzige die erheblichen Mittelerhöhungen für die HMT nicht mitgetragen haben.
Ich habe länger überlegt, ob ich noch etwas zu Herrn Zemlin schreibe. Unabhängig von den politischen Positionen ist er mir in dieser Sitzung durch in sich widersprüchliche und vor allem aber unsachlich polarisierende/provozierende Aussagen aufgefallen. Ich will den einzelnen, für mich im Stil nicht akzeptablen Sätzen des Politikers keine erhöhte Bedeutung geben, indem ich sie wiederhole. Mit Übertreibungen zu provozieren, um in den Fokus zu kommen, darum macht man so etwas. Ich finde es menschlich traurig, aber auch klar verurteilenswert.
Enden möchte ich mit einer Respektsbezeugung. Die Ratssitzung hat gezeigt, wie komplex und anspruchsvoll die Themen sind, mit denen sich die Menschen in Verwaltung und Politik beschäftigen müssen. Alle investieren viel Zeit. Alle haben den Dank der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt für diese Arbeit verdient.
In diesem Sinne eine fröhliche Politikpause und besinnlich schöne Weihnachtstage für alle.
Ralf Hermes, 19.12.2024 (herral)