Hameln, 28.07.2025: Günter Bialkowski schreibt u.a. zu einem Beitrag der DEWEZET vom 26.07.2025.
Wenn Leistung auf Armut trifft können Interviews heraus kommen, wie wir eines von Christina Dunz und Eva Quadbeck lesen können. Die beiden Journalistinnen haben den Kanzleramtsminister Thorsten Frei interviewt, Titel am 26.07.25 „Arbeitsunwille ist inakzeptabel“. Ein merkwürdiges Interview, besonders dann, wenn man ein anderes Interview im WDR 5 dagegenhält. Dort interviewt die Moderatorin Elif Senel die Geschäftsführerin der „Tafeln Deutschlands“ und Buchautorin Sirkka Jendis. Interessierten möchte ich dieses Gespräch empfehlen, abzurufen unter wdr 5 Neugier genügt - oder www1.wdr.de, Titel : Leistung schützt nicht vor Armut.
Nach dem ich beide Beiträge gelesen / gehört habe, habe ich den Eindruck, dass wir uns auf weitere Flickschustereien im Sozialbereich auch unter Friedrich Merz einstellen müssen. Es dominiert die Eigenleistung, die private Vorsorge! Auch Thorsten Frei, den ich ansonsten schätze, macht es wie andere Politiker seiner Couleur er spielt dabei die eine Bevölkerungsgruppe gegen die andere aus. Wobei längst erwiesen ist, dass selbst nach 45 Arbeitsjahren z.B. immer weniger Rentner im höheren Alter den benötigten Pflegeplatz in Eigenleistung bezahlen können. Die soziale Spaltung in Deutschland, das ist vielen nicht bewusst, wird immer prekärer. Sie beginnt in den Krankenhäusern und setzt sich in den Altenheimen und Seniorenresidenzen fort! Wo Bitteschön zahlt sich hier die Leistung aus? Und so darf man sich nicht wundern, dass auf die Fragestellung der beiden Journalistinnen: „Es gibt unter den Bürgergeldempfängern 1,5 Mill. Erwerbsunfähige“. Hr. Frei sehr schmallippig und unpräzise! antwortet“: „ … Aber es gibt genügend Menschen, die arbeitsfähig und gesund sind und dennoch nicht arbeiten.“ Hier hätte er die Chance gehabt einmal mit konkreten Zahlen aufzuwarten. Im Beitrag von Elif Senel handelt es sich um Zahlen zwischen 1,8 bis 2,0 Prozent Arbeitsverweigerer Ende 2024
Nach Sirkka Jendis sind es bei uns vor allem die Strukturen die uns zu schaffen machen und jeden Fortschritt behindern. Hierzu finde ich bei Thorsten Frei kein Problembewusstsein. Sie fordert strukturelle Reformen, einen Perspektivwechsel und modernere, der heutigen Zivilgesellchaft angepasste Rahmenbedingungen. Was die Tafeln betrifft, warnt sie davor, dass der Staat sich auf die 60 000 Ehrenamtlichen verlässt, die hier eigentlich eine staatliche Fürsorgepflicht wahrnehmen. Denn es gibt in unserem Land zu viel Reichtum und über 14 Mill. armutsgefährdete Menschen die auf die über 900 Tafeln angewiesen sind.
Diese Spaltung erhöht sich ständig, das hält keine Gesellschaft lange durch. Ich glaube, an der Armutsfrage und das Verweigern von grundlegenden Reformen im Sozialbereich durch unsere Regierungen, könnte sich ein innenpolitischer Konflikt entzünden, wenn sich die Spaltungsspirale ungebremst weiter dreht. Ausgang für unsere Demokratie - ungewiss? Hr. Frei wird sich noch öfter wundern (letzter Absatz seines Interviews) „ … welches Bild da offensichtlich über die Abgeordneten der Unionsfraktion besteht“. Mein Bild z.Z.: Die Abgeordneten der Union mögen brave Bürger sein, sie sollten jedoch nicht vergessen, dass sie in erster Linie ihren Wählern verpflichtet sind und dann dem Bundeskanzler. Der gefällt sich gerade in der Rolle des Weltpolitikers. Dabei werden die Nöte in den sozialen Feldern deutscher Innenpolitik immer drängender. Sie sollten ihren Chef deutlich auf die Sozialpolitik verweisen. Die Stimmung ist schlechter als Umfragen aufzeigen und die Werte sinken für die Union. Kriegsaufrüstung, Wirtschaft und Grenzsicherung sind eben nicht alles!
Letzte Anmerkung zu Fr. Dunz und Fr. Quadbeck zum Thema Bürgergeldempfängern und 1,5 Mill. Erwerbsunfähige. Das war nicht professionell. Da hätten beide nachfassen müssen. So leicht darf man einen Profi nicht davon kommen lassen. Im Übrigen sollten die Leitartikler des RND im Auftrag der DWZ deutlicher auf die Bedrohungslage unseres Sozialstaates hinweisen. Nicht umsonst bekommt Die Linke gerade mächtig Auftrieb, sie scheint die Realität erfasst zu haben und verzichtet auf unerfüllbare Träumereien von Eigenleistung und Vorsorge im Alter. Fakt ist: der Durchschnitts-Lohn bis zur unteren Mitte ist zu niedrig.
Günter Bialkowski