Eine „Schnaps-Idee“ für Hameln?

Die Stadtverwaltung Hameln schlägt der Politik eine Gutscheinaktion zur Unterstützung des lokalen Einzelhandels vor. Beraten werden soll die Idee am 2.12. im Finanzausschuss und verabschiedet am 16.12.2020 im Rat. Die finanziellen Auswirkungen werden mit 700.000 Euro kalkuliert. Davon schätzungsweise 100.000 Euro für „Overheadkosten“ (Porto, Druck, etc.) Hier die Einzelheiten:

Der Beschlussvorschlag lautet:

„Die Stadt Hameln startet eine Gutschein-Aktion, um den lokalen Einzelhandel und die Gastronomie in der Corona-Krise zu unterstützen. Dabei werden so genannte „Hameln-Gutscheine“ im Wert von jeweils 10 Euro an jeden in Hameln gemeldeten Einwohner verteilt.“

Überschrieben ist dieser Vorschlag vom Referat Wirtschaftsförderung und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Hameln.

Begründung:

„Vorlage 341/2020: Die Corona-Pandemie trifft das gesamte öffentliche Leben. Insbesondere für den Einzelhandel und die Gastronomie sind die Folgen fatal. Restaurants und Gaststätten müssen derzeit geschlossen bleiben; auch der Einzelhandel leidet unter massiven Umsatzeinbußen. Die Aufrufe der Regierung, zu Hause zu bleiben und Kontakte zu beschränken, zeigen ihre Wirkung. Nach einer Umfrage des Handelsverbandes HDE sehen sich bundesweit knapp 60 Prozent der Innenstadthändler in Existenznöten. Sinkende Umsätze und eine geringere Kundenfrequenz bringen nach diesen Angaben immer mehr Händler in eine finanzielle Schieflage. Die Folge ist ein Ausbluten der Innenstädte. Um dieser auch in Hameln drohenden Entwicklung aktiv entgegenzutreten, sollen Gutscheine im Wert von jeweils 10 Euro an alle in Hameln gemeldeten Bürgerinnen und Bürger ausgegeben werden. Diese Gutscheine können in Einzelhandels- und Gastronomiebetrieben eingelöst werden. Branchen wie der Lebensmitteleinzelhandel, die von der Corona-Pandemie nicht oder nicht in hohem Maße betroffen sind, sollen von der Teilnahme ausgeschlossen sein. Die Verwaltung wird eine entsprechende Negativ-Liste vorbereiten. Vorgesehen ist, dass die von den Bürgerinnen und Bürgern im Handel und in der Gastronomie eingelösten Gutscheine von den Unternehmen bei der Stadt zur Abrechnung abgegeben werden. Die Gültigkeit der Gutscheine soll befristet sein, um möglichst zeitnah einen sichtbaren Effekt zu erzielen. Der Gültigkeitszeitraum sollte deshalb nur eine Zeitspanne von etwa vier bis acht Wochen umfassen. Die weiteren Modalitäten sind in den kommenden Wochen noch im Detail festzulegen. Klar ist bereits jetzt, dass die Gutscheine nur bei einem Mindestverkaufswert von 30 Euro je Person eingesetzt werden können. Für die Gastronomie gilt analog ein Mindestverzehr von 30 Euro. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass der Einzelhandel und die Gastronomie tatsächlich im gewünschten Umfang von der Gutschein-Aktion profitieren. Der Starttermin der Gutschein-Aktion ist noch offen. Aus Sicht der Verwaltung steht fest, dass eine Umsetzung im Rahmen des diesjährigen Weihnachtsgeschäfts nicht in Betracht kommt – allein schon deshalb, weil der zeitliche Vorlauf für die Vorbereitung fehlen würde. Die Aktion wäre aktuell auch kontraproduktiv, da größere Menschenansammlungen in der Innenstadt aufgrund der Pandemielage vermieden werden müssen. Die Idee zielt vielmehr darauf ab, dem Einzelhandel und der Gastronomie nach Ende der coronabedingten Einschränkungen einen erfolgreichen Neustart zu ermöglichen. Die Verwaltung verspricht sich davon einen deutlichen Umsatzschub für den heimischen Handel und die Gastronomie. Ziel der Stadt ist es, einer dauerhaften Änderung des Kaufverhaltens hin zum Online-Handel entgegenzuwirken. Mit Hilfe der Gutscheine sollen Bewohnerinnen und Bewohner unserer Stadt motiviert werden, wieder verstärkt vor Ort einzukaufen und somit heimische Betriebe zu unterstützen. Das Ganze soll nicht nur als Einmal-Effekt verstanden werden, sondern nachhaltige Wirkung erzielen. Der Hameln-Gutschein ist als Werbung für die Einkaufsstadt Hameln gedacht; Einzelhändler und Gastronomiebetriebe haben die Chance, Kunden von ihren Angeboten und ihrer Leistungsfähigkeit zu überzeugen und eine dauerhafte Kundenbindung zu erreichen. Die Verwaltung sieht hier auch eine erhebliche Signalwirkung. Der Start der Gutschein-Aktion soll nach jetzigen Überlegungen von Aktivitäten des Stadtmarketings begleitet werden, um Besuchern der Innenstadt ein besonderes Einkaufserlebnis zu bieten.“


Ratsvorlage als download:


Meinung:

Mit 600.000 Euro sollen lokale Ausgaben in einer Gesamtsumme bis zu 1,8 Mio Euro erreicht werden. So die Theorie. 100.000 Euro sind zudem als „Verwaltungskosten“ zu werten, ein Teil davon wird bestimmt einem lokalen Postverteiler zugute kommen. Das kann dann als Wirtschaftsförderung für eine großes Verlagsunternehmen der Region verbucht werden. Freuen wird neben der lokalen Druckerei und der hoffentlich lokalen Gutscheindesignerin auch jeder einzelne lokale Wahlbürger. Mit Speck fängt man Mäuse und schon die alten Romer entwickelten erfolgreich das Prinzip von „Brot und Spiele“. Es gibt nur Gewinner, neudeutsch „win-win-Situation“.

Vielleicht sollte Mann/Frau überlegen, den Einsatz zu steigern. Statt 10 wären 100 Euro pro lokalem Konsumenten noch effektiver. Oder warum nicht gleich 1.000 Euro. Nicht kleckern, klotzen. Um so größer der Einsatz, so höher der Gewinn, der Wohlstand für alle. Da das ganze auch nachhaltige Wirkungen (Nachhaltigkeit fördert den Umwelt-/Klimaschutz) erzeugen soll, könnte man die Aktion (Corona wird nach dem Sommer noch nicht vorbei sein) mit genügend Vorlauf zum Weihnachtsgeschäft 2021 wiederholen.

Kauft Leute kauft – wir tuen Gutes.

Sollte die Rechnung nicht ganz aufgehen, hier noch ein paar Kompensationsvorschläge: Nach dem Kürzen der Radausbaumittel könnte man auf Ersatzpflanzungen für gefällte Bäume verzichten. Schwimmbäder sind eh ein Zuschussgeschäft und nicht Cornoa-Sicherheitskompatibel. Stadtbücherei, Theater, Erinnerungskultur, Museum, …. Kurzum, lassen sie uns die sog. freiwilligen Leistungen der Stadt noch einmal konsequent auf ihre wirtschaftsfördernde Wirkung überprüfen und die Finanzmittel ggf. umleiten.

Mit traurigen Grüßen von einem Spaß-/Konsumverderber

Ralf Hermes


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