Die Löwenapotheke in Hamelns Bäckerstraße ist geschlossen. Auf dem Plakat steht: „Liebe Kundin, lieber Kunde, am 31.07.2018 schließen wir den Standort Löwen-Apotheke in der Bäckerstraße und bündeln die Kompetenzen beider …“
Zur Geschichte des Hauses:
Laut Bernhard Gelderblom dürfte das Haus nach der Stadtgründung um 13.00 errichtet worden sein. Es ist eines wenigen Steinhäuser, die Hameln aus dem Mittelalter erhalten sind und ist aus Süntelsandstein gefertigt. Steinhäuser hätten die wohlhabenden Fernhandelskaufleute gebaut, die Ihren Reichtum zeigen, aber auch ihr Hab und Gut besser vor den gefürchteten Bränden schützen wollten. Im Jahre 1948 erfuhr das Haus einen Umbau. Hier wurde im Giebel ein sechszackiger Stern freigelegt, welches den Hamelner Historiker Spanuth dazu veranlasste das Gebäude vielleicht sogar als Synagoge der Hamelner Juden zuzuweisen. Laut Gelderblom könne aber das Hexagramm dafür nicht als Beleg gelten. Es stände hier auf zwei Spitzen während das jüdische Symbol grundsätzlich auf einem Fuß stehen würde und in Deutschland auch erst im 19. Jahrhundert in Gebrauch kam. Gelderblom führt die Tafel am Haus auf die These von Herr Spanuth zurück.
Der Steinlöwe neben den Eingang wurde 1957 angebracht. (Quelle: DEWEZET vom 21.03.2015)
Hier einige Bilder aus den50er/60 Jahren:
Christa Koch berichtet in einem Dewezet-Artikel vom 18.11.2013, dass die Familie Heizelmann, die seit über einem Jahrhundert die Löwen-Apotheke betreibe, diese abgebe. Dr. Thorsten Sporleder, der Betreiber der Ring-Apotheke, würde die Löwenapotheke übernehmen.
Zur Apothekengeschichte:
Den Namen erhielt die Apotheke im Jahre 1874 durch den aus Celle zugezogenen Apotheker Meyer, der den Löwen für seine Neukonzession erkor und ihn auf einen eisernen Ausleger quer in die Straße vorstoßen ließ. Damit schuf er ungewollt ein bald beliebtes Reittier für Hamelns Gymnasiasten. Es wurde ein Abiturienten-Brauch, nachts nach bestandener Prüfung den Ausleger an der Bäckerstraße zu erklimmen. Der Löwe litt durch die Abiturientenritte sehr am Schweif, so daß er wiederholt einen neuen Schwanz bekommen mußte. Als der 1911 vollends ausgelitten hatte, wurde er durch einen widerstandsfähigeren aus Eichenholz ersetzt. Dieser war leuchtend vergoldet, er wurde 1945 bei der Besetzung Hamelns zerschossen.
Im Jahre 1907 erwarb der Apothekerssohn Richard Heinzelmann aus Langenhagen nach erfolgter Approbation mit vorherigem Studium in Marburg, die Löwenapotheke. Die DEWEZET meldete am 31.03.1908, dass die Löwenapotheke vom damaligen Besitzer Ludwig Klußmann nach zwanzigjähriger Geschäftsführung zum Kaufpreis von 355.000 Mark verkauft wurde. Bis 1929 habe sich Heinzelmann schwer mühen müssen, um die ihm durch den hohen Kaufpreis aufgebürdeten Belastungen abzutragen, so berichtet die DEWEZET in der Ausgabe vom 30. August 1960. Die Löwenapotheke war 1847 die damals zweite Apotheke Hameln nach der wesentlich älteren Raths-Apotheke (um 1600). Ein Vorgänger von Richard Heinzelmann war der spätere Universitätsprofessor Dr. J. Berendes. Richard Heinzelmann verstarb im Jahr2 1960 im Alter von 80 Jahren. (Quelle: DEWEZET vom 30.08.1960) Seit 1945 war der Neffe Peter Heinzelmann Mitinhaber des Betriebes. Die dritte Apotheke Hamelns war dann die Einhorn-Apotheke, die der Apotheker Feigs am 1.Juli 1902 in der Deisterstraße eröffnete. Es folgte 1935 die Münster-Apotheke, 1950 die Wittekind- und die Weser-Apotheke und 1955 die Adler-Apotheke.
1932 erfolgte ein eingreifender Umbau, das mittelalterliche Kellergewölbe wurde um einen Meter vertieft, die engen Geschäftsräume erweitert.
Alte Zeitungsanzeigen aus dem 19. Jahrhundert (DEWEZET)
Hier einige Einzelfotos vom 16.12.2018. Das Gebäude wird wohl bald neu genutzt.
Im Jahrbuch des Museumsvereins Hameln hatte ich 2019 versucht, dem rätselhaften Sechsstern einen Sinn zu geben: im Rahmen einer Romsymbolik, die für Hameln durch den engen Bezug zum Kloster Fulda nahe liegt, könnte das Haus den Platz der ältesten Judengemeinde in Trastevere repräsentiert haben. Ob tatsächlich eine Synagoge darin untergebracht war, es einem jüdischen Mitbürger gehörte oder nur bei Prozessionen o.ä. darauf Bezug genommen wurde, sei dahingestellt. Der Artikel der DeWeZet war mir damals nicht bekannt. Allerdings scheint er auch nicht ganz überzeugend: Zwar wurde die Fassade offensichtlich im 19. Jahrhundert gotisiert, aber der Giebel scheint damals mit Schiefer verkleidet worden zu sein. Warum sollte man ein aufwendiges Fenster entwerfen, um es sogleich verschwinden zu lassen? Es stellt sich auch die Frage, ob der runde Einsatz immer mit zwei Spitzen nach unten eingesetzt gewesen ist. Im christlichen Kontext wurde der Davidstern im Mittelalter zwar noch nicht wie heute mit dem Judentum identifiziert, aber mit der „Wurzel Davids“, dem Tempel und Jerusalem. Dies belegt nicht nur die Bedeutung in der Kirchenplanung, sondern auch als Fenster (z.B. in Basel) oder Bauelement (Marktkirche Hannover, Brandenburg an der Havel). Mittlerweile kann ich die Assoziation eines speziellen Ortes innerhalb einer Stadt mit der jüdischen Gemeinde in Trastevere auch für Speyer plausibel machen. Da die Krypta des Münsters in Hameln vermutlich ein Nachbau der Krypta in Speyer werden sollte (sie ist nie fertig gestellt worden), liegen weitere Bezüge nahe. Die Trastevere-Symbolik in Speyer lässt sich in das späte 11. Jahrhundert datieren. War Hameln hierbei das Vorbild? Zunächst erscheint das wenig wahrscheinlich, aber der Aufstieg Speyers zur Kaiserstadt erfolgte erst im Laufe des 11. Jahrhunderts.
Herzlichen Dank für diese Informationen.