Hameln, 07.04.2023: Meinungen: „Einen Vortrag mit historischem Hintergrund in einen aktuellen Bezug zu bringen ist nicht ohne Risiko. Sie haben das heute brilliant gelöst!“ so das Feedback gleich nach Ende des Vortrages durch einen Zuhörer. Auch der langanhaltende Beifall für den Referenten, der deutlich über das übliche hinausging, war ein Zeichen. „Der Vortrag war eine Sternstunde für Hameln – in jeder Hinsicht“ so eine Mail, die als Rückmeldung am nächsten Tag einging. Persönlich fand ich den Vortrag außerordentlich informativ mit vielen Denkanstößen und es war schön, dass mehr als 100 Menschen den Weg in den Kunstkreis gefunden haben.
MdB Johannes Schraps war erneut dabei. Hamelns Polizeichef Matthias Kinzel, Vorsitzender des Beirates der Paritäten Dr. Hermann Niederhut, Gerd Paschwitz, Rüdiger Zemlin, Jutta Krellmann, Otto Deppmeier und Bernhard Gelderblom um nur einige gesellschaftliche Akteure zu nennen. Alle erlebten einen einstündigen Vortrag vom Chefredakteur der Redaktion „ZEIT-Geschichte“, der in seinem Aussagewert beeindruckte. Anschaulich mit historischen wie aktuellen Fotos hinterlegt, erläuterte Werner seine Bewertung des Zustandes und der Gefahren für die Demokratie in Deutschland, Europa und der Welt.
Zunächst beschrieb Werner eine Analyse der Weimarer Vorgänge aus Sicht der heutigen historischen Forschung. Mit anschaulichen Bezügen bewertete er Thesen wie die „Totgeburt“ einer Republik, die nur in der Rückwärtsbetrachtung zum Scheitern verdammt war. Deren multiple Krisen enorme Herausforderungen waren, deren Eliten mehr Vernunftrepublikaner waren, und dennoch sei Weimar keine „Totgeburt“ gewesen. Es hätte immer Wegkreuzungen in die eine oder die andere Richtung gegeben.
War die Analyse der Weimarer Verhältnisse schon spannend, so hatten es die Bewertungen der Ereignisse in den Demokratien der Welt in den letzten Jahren gleichfalls in sich. Heute liege, so Werner, die Krise der Demokratien in einem schleichenden Verfall. Die Zersetzung erfolge von innen. Desinteresse und Desinformation wirkten an den Wahlurnen. In mehreren demokratischen Ländern werde die Axt an der Gewaltenteilung angelegt. Ungarn werde schon als Wahlautokratie beschrieben, Polen, der Türkei, Israel drohten die Aushöhlung demokratischer Grundprinzipien. Die Ereignisse in den USA zeigten auf, wie über Jahre hinweg demokratische Werte verfielen und die politische Lüge einen Siegeszug erfahre. Am Beispiel des Überfalls auf den Ehemann von Nancy Pelosi zeigte Werner auf, wie aus Hassbotschaften Gewalttaten werden.
Die vorhergehenden Zeilen beschreiben m.E. nur sehr unzureichend die wirklich eindringlichen Informationen des Vortrags, der auf rhetorischen Alarmismus verzichtete und gerade deswegen besonders besorgniserregend war.
Was heute hier in Hameln vor Ort zu tun ist, diese Frage konnte nicht behandelt werden. Ich hoffe aber, dass es Menschen gibt, die sich damit auseinandersetzen und es ähnlich wie 1924 mit der Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold in der Weimarer Republik einen Ruck gibt. Dass sich Menschen zusammentun, die gegensteuern und Partei ergreifen für die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland.
Als Vertreter der lokalen Medien war Joachim Stracke für radio aktiv mit dabei. Sein Beitrag kann hier angehört werden:
Weiterführende sehr empfehlenswerte Links mit Frank Werner zum Thema:
https://www.zeit.de/2022/45/weimarer-republik-krisen-demokratie
https://www.zeit.de/wissen/2022-10/otto-wels-ermaechtigungsgesetz-spd-geschichte-podcast
Alle aktuellen Informationen zu den Ausstellungen im Kunstkreis Hameln finden Sie auf der Internetseite
Herral, 07.04.2023
https://hamelnerbote.de/archive/23042