Gastbeitrag: „Teuer, aber sinnvoll“ von Günter Bialkowski

Hameln, 13.08.2023: Am Freitag, den 11. August veröffentlichte die DEWEZET auf Seite 2 einen Kommentar von Tim Szent-Ivanyi. Hintergrund ist der Vorschlag der Union, eine bezahlte Pflegezeit nach dem Vorbild des Elterngeldes einzuführen. Der Kommentar nimmt Bezug auf einen Artikel auf Seite 5 „Pflegezeit stößt auf Zustimmung“. Hierzu jetzt die Gedanken von Günter Bialkowski:

Der Beitrag von Tim Szent-Ivanyi in der Dewezet vom 11.08.23 ohne ganzheitliche Einbindung, mag für Journalisten rational, vor allem aber schnell zu erledigen sein. Ein Thema oder ein Problem aber nur Eins zu Eins zu bearbeiten birgt häufig die Gefahr, vom Leser - also von der Zielgruppe nicht mehr verstanden, nicht mehr ernst genommen oder einfach nicht mehr gelesen zu werden. Das Urteil meist: nur die halbe Wahrheit, zu weit weg, ungerecht, interessiert mich nicht mehr, die da oben machen sowieso was sie wollen, ich gehe gar nicht mehr zur Wahl oder Schlimmeres! Und in der Tat, das Leben in unserer heute organisierten Form, in unserer komplexen Demokratie bietet für immer mehr Menschen so viel Angst-, Aufregungs- und Stress-Potenzial, dass die Vertreter unserer vierten Gewalt den Hebel auch im eigenen Interesse einfach mal umlegen sollten.    
       
Und wenn nun Tim Szent-Ivanyi in seinem Kommentar „eine bezahlte Pflegezeit“ kommentiert, die die Politik schon länger beschäftigt, weil in einer älter werdenden Gesellschaft immer mehr Pflegebedürftige anfallen und eine professionelle stationäre Pflege immer weniger wahrscheinlich wird, dann kann eine Pflege rund um die Uhr zuhause bei voller Bezahlung der Pflegenden vielleicht d i e Lösung sein! Die bezahlte Pflegezeit durch Angehörige nach dem Vorbild der Elternzeit sollte demnach das Thema unserer Tage werden! Ist damit nun die Gefahr gebannt, dass immer mehr Menschen bei den kommenden Wahlen auf die Lügen und das Blendwerk der AfD herein fallen? Zumal der Autor das vielschichtige Thema „nur“ Eins zu Eins von der Kostenseite her angeht. 

Anders oder prototypisch gefragt, ist dieser Kommentar ein Beispiel für einen politisch neutralen Journalismus?  Und wenn ja, darf ein Journalist quasi emotionslos, gar meinungslos emotionale Themen bearbeiten? Betrachten wir einmal nicht-professionelle pflegende Angehörige wie sie sich um ihre kranken alten Eltern und An-Verwandten physisch und psychisch ausgelaugt kümmern, dann sieht das Leben an der Basis häufig doch anders aus. Abgehoben von diesem Beitrag erleben wir lesenden Endverbraucher auch häufig Journalisten, die über Kriegsgeschehen und Katastrophen berichten. Ihre Haltung meist distanziert und um Objektivität bemüht, eben voll professionell ! Aber ist diese Haltung noch zeitgemäß? Empfehle Interessierten zu googeln, es gibt Bewegung!

Zurück zu unserem Kommentar. Nicht selten hört man, es soll Journalisten geben, die vor lauter Professionalisierung zu mentaler und emotionaler Solidarität kaum mehr fähig sind. 
Mir geht es, wie eingangs dargelegt, vor allem um die ganzheitliche Betrachtung. Wir alle sollten heute von freien Journalisten und Medien erwarten dürfen, dass sie, wie in diesem Fall nicht geschehen, unsere menschengemachten Organisationsformen des modernen Lebens, die Entfremdung des Menschen von sich selbst und seiner umgebenden Natur und Umwelt kurz und prägnant thematisieren! Der ständige Leistungs- und Wachstumsdruck der uns zu den heutigen kranken Lebensformen geführt hat (stetig steigende Rekord-Krankmeldezahlen), gehört, wenn nötig auch gegen den Willen von Verlegern und Redaktionen thematisiert und kritisch aufbereitet! Und wenn diese GG geschützten freien Institutionen diese wahrhaftigkeits- und glaubwürdigkeits- fördernde Arbeit nicht mehr leisten können, dann haben sie, Journalisten-Ethos hin oder her, ihre Daseinsberechtigung verloren. Dann müssen neue Formen der Bericht-Erstattung und der Information gefunden und erarbeitet werden. Hier spreche ich nicht den demokratie-zerstörenden Entwicklungen im Internet das Wort. Das Beste wäre, wir könnten uns auf ein neues EU-Presse-Recht verständigen. Die demokratischen Alt-Parteien könnten bei uns und in Europa ihre Glaubwürdigkeits-Probleme zerstreuen, populistischen Strömungen und rechtslastigen Neu-Parteien das Wasser abgraben, wenn sie denn in Brüssel zu gemeinsamer Willensbildung fähig wären!

Günter Bialkowski

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