Hameln, 01.09.2023 – übersandt am 27.08.2027: Günter Bialkowski:
Ja, wir haben seit der Wiedervereinigung Fortschritte in der gesellschaftlichen Wahrnehmung bestimmter Bevölkerungsgruppen gemacht. Gleiches gilt für die Rollen-Wahrnehmung und dem langsamen Verschwinden der überholten Rollenklischees. Etwas verspätet bin ich auf einen Beitrag in der HAZ vom 05.08.23 gestoßen. Dort berichtet Dirk Wirausky „Jugendliche helfen Senioren beim Umgang mit dem Smartphon“ und dass es dort einen aktiven „Mehrgenerationentreff“ gibt. Ein kleines Erfolgsmodell, so mein erster Eindruck! Ähnliches suchen Senioren in Hameln und Umgebung vergebens. Warum eigentlich?
Vielleicht merken Sie, verehrte Leser und Leserinnen, dass es mir hier bei allen Problemen und aktuellen Krisen die uns bedrücken, um die große Gruppe der alten bis sehr alten Menschen bei uns zuhause geht. Bei der Ausdifferenzierung dieser Großgruppe in junge -, mittlere -, ältere – und sehr alte Menschen (ab 91 Jahren aufwärts) tun sich Politiker, Journalisten, Medien, Behörden letztlich wir alle immer noch schwer! Als Betroffener, Jahrgang 1937, möchte ich hier eigene Erfahrungen, eigene Betroffenheit und die sich hieraus entwickelte Meinung einfließen lassen. Auch fasse ich mich kurz und beschränke mich aufs Wesentliche, dabei hilft mir meine ca. 15 jährige berufliche Tätigkeit in der stationären kommunalen Altenpflege. Wie wir heute unsere alten Menschen sehen, ihre Bedürfnisse beschreiben, auf ihr Leben Einfluss nehmen, das hohe Gut Menschenwürde händeln hängt wiederum von kleineren Gruppen mit z.T. hohem Bildungsgrad ab. Ich sehe vor allem Politiker, Journalisten, Ärzte, Juristen in der Verantwortung. Einen Querschnitt unserer Gesamtbevölkerung sehe ich hier nicht, auch nicht, dass dies für Journalisten und Medien ein Problem darstellt! Was aber sind nun die Ausgangspunkte, für das vor allem von den Medien vermittelte Bild vom Alter in unserer Gesellschaft? Nach Forschungserkenntnissen greifen hier die Medienschaffenden auf eigenes Hintergrundwissen und persönliche Erfahrungen mit dem Lebensabschnitt „Alter“ zurück. Eine besondere Akzentuierung erfährt das von ihnen transportierte Bild durch die Vielzahl der medialen Bilder und Fotos. Aber auch durch die Auswahl der Themen und das Weglassen jeglicher kritischer Berichterstattung! Inwieweit hier die Einschätzungen der Journalisten mit den Erwartungen der Bevölkerung (auf die aus Platzmangel nicht eingegangen werden kann) übereinstimmen, erschließt sich mir nicht. Auch nicht, ob damit die Medien ihrem gesellschaftlichen Auftrag insgesamt gerecht werden! Bleibt als letztes ein Blick auf unser verändertes Gesundheitssystem, wo eine überschießende Kommerzialisierung der Mediziner neue gesellschaftliche Fakten schafft. In der 3. Ausgabe von 2020 des Hessischen Ärzteblattes beschäftigt sich die Hessische Ärzteschaft in dem Beitrag „Vom Subjekt zum Objekt“ mit dem neuen „Arzt-Patienten-Verhältnis“, welches gerade eine marktgerechte Aufhübschung erfährt, um inklusive aller Daten als Ware händelbar gemacht zu werden! Nach einem langen Leben, mit wechselndem Zeitgeist, ökonomisch-dominierenden Wirtschaftszwängen, Politikern, die im deutschen Gesundheitswesen versagen, sehe ich eine gravierende Spaltung der Gesellschaft! Denn ihre alternden Eliten finden wir nicht in den Betreiber-Ketten, wo das gemeine Volk lebt. Hoch kommerzialisiert bis in den Tod hinein, können und müssen unsere Alten heute überteuerte Dienstleistungen hinzu kaufen, selbst wenn das eigene Renteneinkommen dies schon lange nicht mehr hergibt! Gerade deshalb finde ich das oben erwähnte Engagement der Jugendlichen „alten Menschen den Umgang mit digitaler Technik näher zu bringen“, so wichtig! Schaffen wir mehr Begegnungsräume, wo sich Jung und Alt begegnen können! Daran mangelt es gewaltig! Damit mindern wir nicht nur die gesellschaftliche Spaltung. Wir sorgen auch für eine natürliche Wahrnehmung, was die wirklichen Erwartungen und Wünsche der älteren Menschen an unsere moderne, schnelllebige und im oberen Segment superreiche Gesellschaft sind! Und wir sind dabei etwas weniger auf Forschungs- und Umfrage-Ergebnisse angewiesen, die nicht selten „gefiltert“ unsere Realität erreichen. Günter Bialkowski
unverändert übernommen: herral, 01.09.2023