Hameln, 04.06.2024: Folgender Beitrag von Günter Bialkowski zu den Themen: Kirche, AfD, Trump und Gesellschaft:
Liebe Leserinnen, liebe Leser
heute möchte ich mit Ihnen den Versuch unternehmen, einen kleinen Teil der wichtigsten Beiträge der DWZ vom 31.05.24 inhaltlich einzufangen, zu verstehen und zur eigenen Meinungsbildung zu verwenden! Das ist kein leichtes Unterfangen, denn die eins zu eins Berichterstattung und Kommentierung unserer Journalisten liefern uns Lesern täglich Teilwissen und überlassen uns die Hauptarbeit, die Informationen zu einem abgerundeten, ganzheitlichen Bild unserer Realität zusammen zu fügen. Bei diesem Prozess kann es vorkommen, dass die so gewonnenen Einsichten beim Leser, dem Endverbraucher ganz anders ankommen als dies der Autor, der Journalist oder die Redaktion beabsichtigt hat. Es liegt zum Teil auch an diesem Transformationsprozess, dass Missverständnisse, Falscheinschätzungen u.v.m. zwischen Politik und Bürger vorkommen. Wenn man dazu bedenkt, dass jeder Leser ein Individuum mit eigenem Bildungs- und Lebensweg ist, leisten wir uns m.E. einen etwas veralteten Presseapparat! Und dabei haben wir noch gar nicht über das Internet, die sozialen Medien oder IT-Intelligenz gesprochen. Wobei auch diese Techniken ihre Gesellschaft zerstörenden Risiken in sich tragen!
Das Thema des Leitartikels von Markus Decker ist das „Wir“. Dieses Wir sieht er im Kampf mit dem radikalen „Egoismus“ und wie es scheint auf verlorenem Posten. Sein Gedankengang streift dabei ein Paar Themen „Katholikentag, Kirchen, mit Schwerpunkt im Osten“, dann aber auch die AfD die er auf starkem Vormarsch sieht. Die Kirchen, aber auch die einzelnen Katholiken sind die Guten, die der Ich-zentrierten Gegenwart Paroli bieten, da wo sie noch Einfluss haben, z.B. im Eichsfeld Thüringen. Die AfD und ihre radikale Botschaft haben die Spaltung der Gesellschaft im Sinn, nicht das verbindende Wir. Das Christentum hat beim Autor hohes Ansehen, es sagt dem Menschen „Du bist nicht das Maß aller Dinge. Das Ich gibt es nicht ohne das Du. Aus dieser Einsicht entsteht ein Wir. Darin könnte eine Rettung liegen.“
Ich möchte diesen Leitartikel nicht kommentieren, nur so viel. Der Autor berührt nicht wenige unserer Probleme, geht aber zu wenig darauf ein. Die Gleichsetzung der Kirchen mit der „frohen Botschaft“ (denn ohne das Gehäuse keine christliche Botschaft) ist problematisch! Schließlich weht der Geist Gottes wo und wann er will, auch wo nur zwei in seinem Namen versammelt sind (Bibelzitate). Es geht auch ohne Kirchen. Schließlich gleiten seine Überlegungen auf Kirchenleute über, die damals vor 35 Jahren das Bewußtsein für Freiheit und Gerechtigkeit wach gehalten und damit die Demokratie bekommen haben.
Dagegen steht nun im Beitrag von Karl Doemens „Das Trump-Paradox“ im Mittelpunkt. Wie soll man damit umgehen. Alles was Markus Decker positives zum Wir und zur Demokratie gesagt hat, wird hier infrage gestellt. Der Lebensstil des Milliardärs Donald Trump zeichnet sich durch robusten Egoismus aus, wie ihn nur der Spätkapitalismus zelebrieren kann! Der Journalist Doemens schreibt: D. Trump müßte längst hinter Schloss und Riegel sitzen“. Statt dessen wird er wohl bald das höchste und mächtigste Amt der freien Welt zum zweiten Mal bekleiden, dank einer Demokratie, in der die theoretische Reflexionen aus der kapitalistischen Öffentlichkeit längst verschwunden ist. Und so macht der Autor das, was in US-Amerika gang und gäbe ist. Statt Kritik und beissendes Dagegenhalten, übt sich die Presse in Zurückhaltung, bestenfalls flüchtet sie sich in mediale Effekt-Kultur. Und so geht es auch hier in diesem Kommentar um unterhaltsame Erregung von Aufmerksamkeit. Ein erfolgreiches Geschäftsmodell mit dem schon D. Trump reich und einflussreich wurde! Ganz so weit sind wir in Deutschland noch nicht. Aber die Tendenz, sich als Berichterstatter außerhalb des Geschehens zu betrachten und ebenso zu berichten wird auch bei uns immer sichtbarer! Man fragt sich als Leser und Bürger, wo und wann ist die Kontrollfunktion unserer Presse, das Wächteramt über unsere Demokratie zum besten des Allgemeinwohls verloren gegangen?
Karl Doemens spricht im letzten Teil von der ängstlichen Politik und Justiz in Amerika. Schauen wir auf unsere Situation, finden wir hier vielleicht analoge Entwicklungen? Mein Versuch muss hier enden. Ich möchte Ihren Gedankengängen nicht im Wege stehen. Aber vielleicht konnte ich Sie werte Leserin und Leser ein wenig sensibilisieren.
Ja - wir möchten alles ganzheitlich denken. Aber wie bekommen wir z.B. diese beiden Beiträge unter einen Hut. Ist vielleicht unsere Demokratie doch nicht so erstrebenswert, wie wir es schultheoretisch gelernt haben? Weil im Verlauf einer Demokratie einzelne Menschen oder Menschengruppen sich innerhalb der demokratischen Ordnung immer mehr herausnehmen als andere. Es letztlich zu großen gesellschaftlichen Verwerfungen und Ungerechtigkeiten kommt. Und das letztlich sogar Politiker, Staatsanwälte und Richter diesem Prozess nicht mehr gewachsen sind und sich freiwillig oder unter Gruppenzwang diesem Prozess anschliessen, wie uns das Bild von Amerika gerade zeigt.
Und die dortige Kirchenkultur ist auch kein Garant für friedvolles Zusammenleben. Immerhin sind auch wir in der Zweiteilung unserer Gesellschaft schon weit gekommen! Und die Kirchen des heutigen Niedergangs haben sich grundsätzlich gegen die Partei der Spaltung, der AfD ausgesprochen, wie auch die Spitzen der Wirtschaft, der Gewerkschaften u.v.a.mehr. Es gibt hoffnungsvolle Signale, so dass wir den Weg der US-Demokratie nicht um jeden Preis gehen müssen.
Halten wir also fest: ganzheitliches Denken bedeutet nicht, dass am Ende alles gut ist und wir es uns in unserer Nische bequem machen können. Unser Lebensumfeld, unsere Realität ist im Umbruch begriffen. Es ist die Geschwindigkeit mit der sich Krise an Krise
aneinander reiht und uns zum Teil in große Ängste versetzt. Legen wir uns einen Kompass zu, der uns zu den guten Informationen der Zeitungen und Medien führt und bilden wir uns eine eigene Meinung. Damit stabilisieren wir unsere Psyche, gewinnen an Gelassenheit! Was die schlechten, angsteinflößenden Beiträge betrifft: wir werden sie nicht immer verhindern können. Die Welt dreht sich im ewigen Dualismus. Und manchmal müssen wir uns jedoch zu einer Gemeinschaft zusammen finden und kämpfen, allerdings nach den Regeln der Fairness, unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates!
Günter Bialkowski
herral, 04.06.2024