Hameln, 24.10.2024: Beitrag von Günter Bialkowski. Nachdenktext zum Thema Medien, Demokratie und Probleme im Gesundheitswesen:
Liebe Leserin, lieber Leser,
angesichts unserer dramatischen Zeiten, denen wir krisengeschüttelt ausgeliefert sind, möchte ich mich heute einmal direkt an Sie wenden. Es sind zwei Themen-Bereiche aus dem Inneren unseres schönen Landes die uns schon länger beschäftigen, die unseren Puls nach oben treiben. Das ist die Politik und das sind unsere Medien, inklusive unsere Zeitungen, kurz die Berichterstattung darüber! Da hier weder Platz noch Zeit reichen würden, über beide Bereiche zu sprechen, streife ich die Politik nur kurz und richte mein Augenmerk auf unsere Medien, insbesondere auf unsere Heimat-Zeitung DWZ. Allerdings ist auch hier der Stoff kaum durch einen kurzen Beitrag einzufangen. Ich bitte schon jetzt um Entschuldigung.
Ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich feststelle, dass es in beiden Bereichen mächtig schwächelt, um es einigermaßen neutral rüber zu bringen. Inkompetenz, Mangel an Mut auch gegen den Strom anzuschwimmen und vieles mehr, dem entsprechend fallen die Resultate aus: Frust z.T. auch Wut in unserer Bevölkerung sind die Folgen. Mir fällt dabei immer wieder das Phänomen der Entfremdung auf. Salopp formuliert: Die Häuptlinge erreichen ihre Indianer nicht mehr. Dies ist besonders auffällig in der Gesundheits-Politik und in der Altenpflege – und natürlich in der Berichterstattung darüber!! Und hier kommen wir ins Spiel, ja liebe Leser, Sie und ich. Unsere Demokratie lebt von der Beteiligung! Und da genügt es nicht, einmal am Tag die DWZ zu lesen oder die Nachrichten zu sehen und ansonsten auf „die da oben“ zu schimpfen. Augenfällig, es gibt zu viel Versagen, keine grundlegenden Reformen, wenig bis keine Perspektive wie es überhaupt weiter gehen kann! Und das sowohl in der Regierung als auch in der Opposition! Ähnlich schlecht kommen unsere lokalen Zeitungen weg: zu viel Meinung, nicht selten deckungsgleich mit Politiker-Talk, zu wenig Feedback von Lesermeinungen usw.. Engagierten Lesern ist längst klar, hier braucht es mehr Beteiligung, mehr Macher!
Zugegeben, unsere Heimatzeitung macht es uns da nicht gerade leicht unsere Meinung einzubringen. Auch bleiben die Tacheles-Versprechungen des Chefredakteurs weit hinter den Erwartungen zurück. Tacheles bedeutet: die Sachlage ganz offen z.B. in der Gesundheits- und Pflege-Politik anzusprechen. Doch was uns dazu Journalisten des RND aus Berlin anbieten ist nicht immer offen, nicht ausgewogen, manchmal zu weit weg. Zu Vieles wird nicht angesprochen, kann von uns Lesern deshalb auch nicht reflektiert werden. Wäre aber nötig! Die Analyse vor Ort, Recherche-Arbeit zu Gunsten der Basis, hier meine ich die betroffenen Kranken, die Pflegepatienten, die ehrenamtlich pflegenden Angehörigen usw., nicht eben die Leitungsebenen der höheren Provenienz, die, wie die Berater-Branche in der DWZ überproportional zu Wort kommen. Auch das Kernproblem: Wer kann sich von uns normalen Bürgern einen Eigenanteil von 2.500 € und mehr für einen stationären Pflegeplatz im Alter noch leisten, gehört als Dauerthema auf die Agenda der DWZ!
Dass es auch anders geht, wie man die Nähe zum Leser wiedergewinnen, den Austausch zwischen Zeitungsmachern und -Lesern für beide Seiten fruchtbringend aktivieren kann, zeigen andere Zeitungen, mutigere Redaktionen und Journalisten und Journalistinnen. In der schweizerischen NZZ, der Zeitung, die sich vielfach einen anderen Blick auf die Realitäten erarbeitet hat, schrieb z.B. am 29.08.24 Susanne Gaschke aus Berlin zum Thema Gesundheitspolitik einen sehr lesenswerten Beitrag. Auf diesen Artikel reagierten 249 Leser mit ihren Kommentaren. Unvorstellbar bei unserer DWZ! Und doch ist dies die einzige Antwort nicht nur auf die Leserflucht. Redaktionen die nicht wollen, dass die Leser – die es ja immer noch gibt in die sozialen Medien abwandern und die auch diese zutiefst menschlichen Themen nicht der AfD mit ihren einfachen Lösungen überlassen wollen, die müssen dem emanzipierten Leser von heute einfach mehr bieten. Teilhabe anbieten bedeutet für Redaktionsleitungen heute, die weitgehend strukturell-gewachsenen, typisch deutschen und weitgehend hemmenden Bedingungen wieder abzubauen und den normalen Bürger wieder durch freie Meinungsäußerung und Kritik am Politikbetrieb und den Zeitungsmachern wieder mitwirken zu lassen! Die reale Unzufriedenheit der Menschen mit dem Gesundheitsmarkt und der Pflegesituation vor Ort und im Großen Ganzen schreit nach einem Ventil. Dieses Ventil kann nur eine funktionierende, mit jedem Leitartikel und jedem Kommentar um Ausgewogenheit kämpfende und ganzheitlich schreibende Presse sein. Die Passivität von der ich oben sprach, kommt ja nicht von ungefähr, sie speist sich auch durch das bundesweite Abwürgen der Leser-Meinungen in unseren Printmedien. Die millionenfache Nutzung der Sozialen Medien kann diese These stützen.
Günter Bialkowski
übersandt am 19.10. – veröffentlicht am 24.10.2024, herral
„Teilhabe anbieten bedeutet für Redaktionsleitungen heute, die weitgehend strukturell-gewachsenen, typisch deutschen und weitgehend hemmenden Bedingungen wieder abzubauen und den normalen Bürger wieder durch freie Meinungsäußerung und Kritik am Politikbetrieb und den Zeitungsmachern wieder mitwirken zu lassen!“
Das ist mir zu allgemein formuliert. Was ist an der aktuellen Situation „typisch deutsch“? Welche Mitwirkungsmöglichkeiten gab es früher bei Politik und Medien, die es jetzt nicht mehr gibt?
Wieviele Kritiker gehen zu den Sprechstunden, die Politiker anbieten? Wer schreibt Leserbriefe und Kommentare an Zeitungen und in den sozialen Medien? Es gibt Mitwirkungsmöglichkeiten, die fast jedem offen stehen.
Die Regionalzeitung Dewezet mit der international bekannten und abonnierten NZZ zu vergleichen, finde ich überdies etwas gewagt. Die Dewezet hat sicher nicht die personellen und finanziellen Ressourcen, die die NZZ hat.