Gastbeitrag: „Debatten-Kultur – Fehlanzeige?“

Hameln, 29.10.2025: Günter Bialkowski schreibt zum DEWEZET Beitrag „Debatten über Debatten sind zumeist hoch defekt“ vom 25.10.2025:

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

können wir in Deutschland noch von einer Debattenkultur reden, und welche Bevölkerungsgruppen sind daran beteiligt? Diese Frage stellte ich mir als ich den Gastbeitrag der Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach „Debatten über Debatten sind zumeist hoch defekt“ in der DWZ vom 25. Okt. 25 gelesen habe. Nach ihr sind unsere Debatten hochgradig defekt und auch die Stadtbild-Debatte von Friedrich Merz findet sie in Teilen problematisch, weil es schon in der Wortwahl an Präzision fehlte. In einem weitreichenden Bogen bezieht sie nicht wenige gesellschaftliche Fragen ein, um schließlich festzustellen, dass die vom Bundeskanzler angestoßene Debatte, eine Debatte geworden ist, die sich um sich selbst dreht. „Wer hat was, wie, wo gemeint und wie gemeint? Wer hat über wen, in welcher Weise gesprochen?“ Hier mache ich meine Einblendung: Ich habe den Kanzler so verstanden, dass er ein mehrheitliches Grund-Anliegen vieler Bürger aufgegriffen hat, welches mehr oder weniger in unseren Städten und Dörfern sichtbar geworden ist. Diese Veränderungen haben einen geschichtlichen Vorlauf und prägen vielfach die Meinung der Menschen. Daraus haben spätere Akteure in Medien, Zeitungen und Politik einen Popanz gemacht, meist auch wenig konkret, der sich für unsere Bildungs-Eliten jedoch vorzüglich zur Eigen-Profilierung, Eigen- bzw. Buchwerbung eignete. Und so beklagt Julia Reuschenbach am Ende ihres Beitrages „Die Debatte hätte eine echte Debatte werden können … . Sie hätte …"

Dieses etwas ratlose - „Sie hätte …“ macht in gewisser Weise auch traurig, denn zu viele Gründe, bildungsmäßige, mentale Befindlichkeiten, Reflexe und niedrige Reizschwellen machen eine Teilnahme aller unmöglich. Wenn wir bei den Zeitungen anfangen, dann hätte sich dieses Thema gut geeignet einen gegenseitigen Meinungs-Austausch mit Respekt auch über Migration in Gang zu setzen. Doch viele Zeitungen verzichten schon länger auf die Meinungsspalten ihrer Leserschaft und suchen andere Lösungen. So landen nicht wenige oftmals in den online Filterblasen der großen Plattformen, wo man seine eigene Meinung bestätigt sieht! Bei anderen, wo diese Kommunikation noch gepflegt wird, ist man erstaunt wie viele Menschen offen ihre Meinung sagen. Das tut unserer Demokratie gut. In den großen Talk-Shows kommen normale Menschen auch kaum mehr vor. Erst recht gilt dies für unseren Deutschen Bundestag, hier ist die größte Gruppe, die normalen Arbeitnehmer schon seit Jahrzehnten nicht mehr präsent. Und so ermächtigen sich andere über sie und befinden für sie zu sprechen. Was meist über sie zu befinden bedeutet! Hier zeigt unsere Demokratie deutliche Schwächen.

Dazu sind unsere Strukturen nach oben so ausgerichtet, dass nur noch die Spitzen der Gesellschaft angefragt werden. Geht es z.B. über Arbeitnehmerfragen, wenden sich Redaktionen und Journalisten nicht an einen Arbeitnehmer, sondern an einen Mittelständler oder Arbeitgeber. Unsere Gesellschaft ist inzwischen so ausgerichtet, dass sich normale Menschen befangen fühlen sich irgendwo noch zu behaupten. Hierzu haben alle Regierungen der letzten Zeit, ihren Beitrag geleistet: unsere Gesellschaft droht zu verdummen, wie Studien belegen. Alle sehen es, aber niemand fühlt sich verantwortlich. Da ist es doch zwangsläufig, dass nur noch die Eliten miteinander kommunizieren. Und so ist es nach meinem Empfinden auch mit der Stadtbild-Debatte des Bundeskanzler Merz. Wir haben nach 1945 keine Debatten-Kultur auf den Weg gebracht an der alle teilhaben. Öffentliche Diskurse werden lieber vermieden und wenn es sie gibt, sind sie meist heuchlerisch, weil das Element der nicht eingebundenen Mehrheit unserer Gesellschaft fehlt. Es gäbe viel zu tun, aber die Hoffnung stirbt als letztes. Vielleicht erkennen Union und SPD auch hier noch ihre große Verantwortung. Unsere Demokratie muß auch von innen her geschützt und gestärkt werden. Eine echte Debatten-Kultur gehört unbedingt dazu!

Dass an der Stadtbild-Problematik von Fr. Merz losgetreten etwas dran ist, zeigt die nicht nachlassende Intensität der letzten Tage. Immer noch sind es meist Funktionsträger die sich zu Wort melden. Und langsam begreifen auch die, dass dieses Thema viele Deutsche auch ohne AfD beschäftigt, und sie sich in der Migrationsfrage eine neue Agenda wünschen. Die Umfragen sprechen hier Klartext. Immerhin sieht selbst der neue Grünen-Chef Banaszak „in manchen Gegenden Angsträume der Menschen“! So ganz scheint er aber immer noch nicht in der Realität angekommen zu sein.

Günter Bialkowski

herral, 29.10.2025

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