DEWEZET-Projekt „Die Zerstörung des Landrates“? – Ein Berichtsrückblick. (01.06.-08.06.2019)

#dewezetkorrektiv. Unter diesem Hashtag habe ich ja schon einige Kommentare über die Berichterstattung der DEWEZT zum Fall Lügde verfasst. Es wird Zeit für ein Update.

Am 1. 6. gab es im überregionalen Teil (Seite Blickpunkt – also nicht Lokalverantwortung) eine gutes Fakteninterview mit dem Oberstaatsanwalt Ralf Vetter.

Am 3. Juni einen Bericht von Frank Henke im Weserberglandteil. „Hilft Peter Maffay Lügder Kindern? – Fan stellt Kontakt zur Stiftung des Sängers her.“ Die Kontaktaufnahme und Infos zur Stiftung gabs als Info.

Am 5. Juni gab es im Weserberglandteil einen Bericht „Therapie? – Ehr ungünstig. Kindesmissbrauch in Lügde: Müssen die Opfer auf Hilfe warten?“ und „CDU fordert externen Prüfer“. Im ersten Teil kam Roman von Alvensleben zur Wort. Im zweiten Bericht Platz für die CDU-Fraktion im Kreistag und die Kritik des „Deutschen Kindervereins“ an einer Pressemitteilung des Landkreises.

Am 6. Juni dann einen Titelseitenbericht über eine Anklageerweiterung um 5 Fälle auf nun 298. Zusätzlich zu den bereits 22 in der Anklageschrift aufgeführten Opfern kommt der Verdacht über ein weiteres missbrauchtes Kind. Im Weserberglandteil gibt es dann einen großen Bericht von Juliane Lehmann über eine Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses mit Foto von Ursula Körtner und der Schlagzeile „CDU nimmt Watermann ins Visier“.

Am 7. Juni dann auf der Titelseite „Gewalt und Missbrauch – erschreckende Zahlen – Kriminalstatistik vorgestellt“ Berliner Bundeszahlen. Im Weserberglandteil dann einen Bericht „Vertane Chance zu kritischem Blick?“ von Juliane Lehmann. Hintergrund ist, dass im April 2017 eine lippische Polizistin beim Jugendamt Hameln angerufen habe und sich nach dem Sachstand erkundigt hätte. Dazu weitere an sich belanglose Randinformationen aus NRW.

Am Sonnabend den 8. Juni dann wieder auf der Titelseite der DEWEZET: „Ließ Behörde Kinder bei gewalttätigen Eltern? – Justiz prüft neue Vorwürfe gegen Hameln-Pyrmonts Jugendamt.“ Ein Bericht von Julian Lehmann. Hintergrund ist hier ein Verdachtsfall von Kindesmisshandlung eines gewalttätigen Vaters. Das Hamelner Jugendamt hatte sich laut Angaben der Staatsanwaltschaft Hannover zwar durchaus gekümmert aber Fragen sind noch offen, die geprüft werden müssen. Ohne Lügde-Bezug dann im Weserberglandteil ein langer Bericht mit der Schlagzeile „Steigt Bartels in den falschen Zug?“ Hier geht es um den Bahnverkehr durchs Weserbergland.

Man muss jeden Beitrag lesen um zu unterscheiden, was wirklich neue Informationen und welches nur Randinformationen sind, die eigentlich keine Bedeutung haben. Die Platzierung des Beitrages ist kein Indiz für die Informationswertigkeit. Ich bleibe dabei: Die DEWEZET hat die Distanz zum Thema verloren und subjektiv setzt sich für mich fort, was die letzten Monate begann. Das Thema wird mit allen Mitteln am „kochen“ gehalten. Jede Meldung groß aufgebaut und die Berichte sind teilwiese einseitig wertend/lenkend. Vergleichsmöglichkeiten aus anderen lokalen Quellen gibt es wenig. Ich hatte selber keine Zeit um in die Kreisausschusssitzung zu gehen, um mir (wie beim letzten mal) selber ein Bild zu machen. Das es aber deutliche Wahrnehmungs- oder sagen wir mal Berichtsunterschiede gibt, darauf lässt sich aufgrund eines Beitrags von Anton Posnak bei Radio Aktiv schließen.

Höre:

Auch wenn die DEWEZET nicht der Youtuber Rezo ist: Es gibt für mich zumindest einige Anhaltspunkte, das die Zeitung sich das Projekt: „Die Zerstörung des Landrates“ auf die Fahnen geschrieben hat.

„Landkreiskritik über alles?“

Warum z.B. bringt die Zeitung am Samstag auf der Titelseite einen Verdachtsbericht über einen Fall von Kindesmißhandlung bzw. die Prüfung möglichen Fehlverhaltens der Landkreismitarbeiter, während z.B. lokal im Bereich Coppenbrügge ein Beitrag („Naturschutz-Versprechen gebrochen? Kritik an die Basaltwerke) es auch Wert gewesen wäre, überregional Aufmerksamkeit zu bekommen? Nur als Beispiel. Es ist wirklich auffällig, wie oft die DEWEZET die „Lügdemeldungen“ auf die Titelseite bringt. Die Prioritäten sind halt unterschiedlich. Das zu entscheiden ist das gute Recht einer Lokalredaktion. Das zu kritisieren das Recht als Leser. Meine Sichtweise zum Thema Übermaßverbot und Verhältnismäßigkeit, Ausgewogenheit und Darstellung anderes Sichtweisen sind hinreichend unter #dewezetkorrektiv genannt.

Dass die DEWEZET auch bei schwierigen, emotionalen Themen ihre Rolle als neutrale Berichterstatterin sehr gut übernehmen kann, hat sie am Beispiel des Konfliktes um den Lern- und Gedenkort am Bückeberg gezeigt. Auch im Fall Lügde wäre es möglich gewesen, die Positionen des Landkreises oder der SPD in emotional nicht vorgefärbten (eigenständigen) Berichten ihren Platz einzuräumen. Mittlerweile aber hat sich die Zeitung derart polarisiert auf eine Richtung festgelegt, dass das Vertrauen in die Rolle einer neutralen Berichterstatterin weg ist. Ich zumindest habe die Distanz/Neuralität zum Thema „Zeitungkritik“ in dieser Sache verloren. Irgendwann sind Meinungen festgefügt. Wichtig ist es mir jetzt, dass eine Gegenposition beschrieben wird. Wenn ich daher wiederkehrend meine Meinung als „#deweztkorrektiv“ formuliere, dann kann die Redaktion zumindest nachvollziehen, wie es ist, wenn man beständig Thema kritischer Berichterstattung ist. Diejenigen aber, die ähnlich denken wie ich, fühlen sich vielleicht nicht ganz alleine.

Ralf Hermes, 9.6.2019, kleinere Formulierungsänderungen am 10.06.2019

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