Am 24.12.2020 wurde vormittags die Forstmaschine in die Gartenanlage Einsiedlerbach gefahren. Am 28.12.2020 morgens um 08.30 Uhr sprang die Motorsäge an und innerhalb weniger Stunden wurde gerodet/gefällt, was in Jahrzehnten gewachsen ist.
Eine Sachstandsdarstellung mit Bildern:
Ausgangslage:
Die Stadt Hameln plant auch im Stadtrandbereich weitere Baugebiete auszuweisen. Nach Riesackweg I, wurde beim Riesackweg II (Vogelbeerweg) erstmals keine Ackerfläche, sondern Altgärten mit vielfachen Bewuchs zur Bebauung ausgewählt. Es erfolgte eine dann eine vollständige „Räumung“ der Gartengrundstücke. Als weiteres Baugebiet auf dem Apenberg wurde dann der B-Plan Nr. 556 „Am Einsiedlerbach“ in die Planung der Stadt aufgenommen.
Hier plant die Sparkasse Hameln-Weserbergland FinanzServie GmbH die Erschließung des etwa 16.000 qm großen Gebietes. Die Sparkasse ist als Investor der konkrete Anlass für die Bebauungsplanung.
Dieser Plan ist Teil einer Gesamtplanung für den Apenberg, welche sich schon in einer Zeichnung aus dem Jahre 2008 finden lässt:
Baumfäll-/Räummaßnahmen ab dem 28.12.2020:
Beschreibung und Bewertung des Gebietes „Am Einsiedlerbach“:
„Das Plangebiet erweist sich mit einer älteren Obstwiese, mesophilem Grünland sowie einigen „verwilderten“ Kleingärten insgesamt als naturschutzfachlich interessanter Teilbereich am Apenberg mit teilweise hoher Bedeutung für Arten und Biotope. … Ein derartiges Gebiet für die Schaffung von Bäuplätzen für lediglich ca. 10 Einzel- oder Doppelhäuser zu überplanen, ist aus naturschutzfachlicher Sicht jedoch zu bedauern.“ Auszug aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Hameln vom 19.06.2020.
Gemäß Auszug aus den Grünordnungsplan Apenberg wird gut 50 % der Fläche eine sehr hohe Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz zugewiesen.
Der NABU Hameln-Pyrmont wertet in seiner Stellungnahme vom 18.06.2020: „Die Siedlungsentwicklung in diesem Bereich dehnt die bebauten Flächen des Stadtgebietes Hameln weiter in die offene Landschaftaus und trägt zum weiteren Verlust von Flächen in der Landschaft bei. Der Planbereich mit seiner reich strukturierten und verwilderten Kleingartenanlage und Randbereichen für Vögel und Fledermäuse als sehr bedeutsam. Durch die Planung wird der Lebensraum der Tiere erheblich eingeschränkt bzw. zerstört, so dass die Tiere auf Randbereiche ausweichen müssen. Da auch die Randbereiche einer Gesamtplanung unterliegen, wird der räumliche Zusammenhang der Lebensräume und Lebensstätten mittelfristig gestört.“
Gemäß Biotoptypenerfassung zählen das mesophiele Mahdgrünland neben dem alten Haselgebüsch zu Flächenbiotopen von besonderer bis allgemeiner Bedeutung (Wertstufe IV = zweithöchste Wertstufe). Die alte Obstbäume, einzelne Großbäume und die sehr alte Strauch-Baumhecke bilden Landschaftselemente dieser Wertstufe.
Gemäß der Bodenuntersuchung weist die Fläche ein deutliches Gefälle nach Nordwesten in richtugn des vollständig verrohrten Einsiedlerbaches auf, dessen genauer Verlauf nicht mehr bekannt ist. Die Bodenuntersuchungen ergaben deutliche Anzeigen von Staunässe. Schichtenwasser kann nicht ausgeschlossen werden.
Gemäß Brutvögelkartierung wurden im Untersuchungsgebiet 28 Vogelarten festgestellt von denen 19 als sichere oder wahrscheinliche Brutvögel beurteilt werden. Festgestellt wurden u.a. Stieglitz, Buntspecht, Haussperling, Tannenmeise und von der roten Liste Niedersachsen und Deutschland der Trauerschnäpper als Brutvogel und Star und Grauschnöpper als „Zufallserfassungen“ im Nahbereich. Der Vollständigkeitsgrad der Brutvogelgemeinschaft und die Habitatseignung für Arten gehölzreicher Lebensräume werden als hoch beurteilt. Aufgrund des geringen Anteils gefährdeter Arten wird dem Untersuchungsgebiet eine mittlere Bedeutung als Brutvogellebensraum zugewiesen.
Gemäß Untersuchung der Feldermausfauna ist das Untersuchungsgebiet mit seinen vielen Strukturen, wie z.B. Großbäumen, Hecken und offenen Flächen für Fledermäuse ein sehr geeignetes Jagdgebiet. Besonders für die im Hamelner Raum mittlerweile recht selten gewordenen Breitflügelfledermäuse ist das Gelände zumindest im Frühjahr von hoher Bedeutung. Die Tiere fliegen von außen in das Gebiet ein, um hier zu jagen. Auch die zahlreichen Zwergfledermäuse nutzen die Gärten als Jagdhabitat. Durch die schwierige Zugänglichkeit des Gebietes ist abschließend nicht zu sagen, ob im Inneren des Geländes auch Quartiere vorhanden sind.
Absicht der Stadt Hameln:
„Mit dieser Bauleitplanung soll die Nutzung des Gebietes neu geregelt bzw. das Gelände vitalisiert und für die städtebauliche Entwicklung genutzt werden. Vorgesehen sind Baugrundstücke für Einzelhäuser mit bis zu zwei Wohneinheiten.“
Ziel und Zweck der Planung ist auch als städtebauliche Maßnahme zum Verbleib junger Familien im Ort zu werten. Ferner ist u.a. angegeben „Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung, insbesondere von Familien“
Als Ausgleich / Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft werden vorgesehen (Auszug):
Die im nördlichen Teil bestehende Feldgehölzhecke und der dort vorhandene Graben werden als Flächen mit Bindungen für Bepflanzungen und die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Gewässern festgesetzt.
Im Plangebiet wurden 6 Baumhöhlen bzw. Niststätten nachgewiesen. Es werden im Verhältnis 1:1 geeignete Nistkästen in der näheren Umgebung angebracht und dauerhaft gepflegt.
Innerhalb der Straßenverkehrsfläche sind zur Durchgrünung des Straßenraums mind. 2 mittelgroße Laubbäume zu pflanzen. Baumscheibe 8 qm.
Nicht überbaute Flächen sind gärtnerisch zu gestalten. Fächendeckende Steinbeete mit Schotter, Kies o.ä. sind unzulässig.
Auf allen Baugrundstücken ist je angefangene 300 qm Fläche zusätzlich ein standortgerechter Laubbaum oder Hochstammobstbaum anzuplfanzen, zu pflegen und bei Abgang zu ersetzen.
Als exteren Kompensation erfolgt eine Ausgleichsbilanz von 26.531 Werteinheiten für den Ausgleichsflächenpool „Im goldenen Winkel“.
Einzelheiten:
Bisherige Politische Bewertung:
Sowohl im Ausschuss für Stadtentwicklung am 16.09.2020 (13 Ja-Stimmen, keine Nein, keine Enthaltung) wie auch im Verwaltungsausschuss am 23.09. (einstimmig beschlossen) wurde der Vorlage zugestimmt.
Ralf Hermes, 29.12.2020
Nachtrag 31.12.2020:
Kommentar / Bewertung:
Filmeindrücke hier:
Filmimpressionen: Räumung Einsiedlerbach – Baugebiet im Dez. 2020 – Hamelner Bote
Ralf Hermes, 01.01.2021
5 Gedanken zu „Baugebiet Einsiedlerbach (1) Rodung / Räumung / Kahlschlag.“