70 Bäume gerettet! Der Protest gegen die Baumfällung an der Holtenser Landstraße zeigt Wirkung. Statt 250 sollen jetzt noch 170 Bäume gefällt werden. Schön wäre es, wenn jetzt eine Diskussion zum Thema Klimawandel, Wert der Bäume/Natur/Biodiversität einsetzten würde.
Mitteilung der Stadt Hameln vom 29.10.2020 im Wortlaut:
„OB Griese setzt sich für Kompromiss ein: An der Holtenser Landstraße sollen nicht so viele Bäume gefällt werden wie ursprünglich geplant. Oberbürgermeister Claudio Griese macht sich für einen Kompromiss stark, nach dem nur noch tatsächlich erkrankte Buchen der Säge zum Opfer fallen sollen. „Alle anderen Bäume bleiben stehen“, betont der Rathauschef. In Zahlen bedeutet das: Statt wie zunächst vorgesehen 260 müssten nunmehr voraussichtlich 170 Buchen fallen.
Die geplanten Waldarbeiten an der Holtenser Landstraße waren in den vergangenen Tagen auf teils heftige Kritik gestoßen. Griese verteidigt den grundlegenden Ansatz: Die Stadt sei verkehrssicherungspflichtig – und hafte dafür, wenn Verkehrsteilnehmer durch herabstürzende Äste geschädigt werden.
Und die Gefahren seien zweifellos da. „Insbesondere Buchen sind durch die trockenen Sommer der vergangenen Jahren stark gefährdet“, begründet Griese das Vorgehen der Stadt. Dieser Trockenstress führe dazu, dass Buchen „jederzeit dicke Zweige oder Äste abwerfen können, auch wenn sie äußerlich noch vital aussehen“. Wenn dann noch – wie in den vergangenen Jahren immer häufiger geschehen – schwere Stürme über das Weserbergland hinwegfegen, könne man „für nichts mehr garantieren“. Den Bürgerinnen und Bürgern, die sich für den Erhalt der Bäume an der Holtenser Landstraße einsetzen, müsse klar sein, „dass die Stadt hier in der Verantwortung stehe und kein Risiko eingehen dürfe“.
Bereits im Januar dieses Jahres hatte nach Darstellung der Stadt die Straßenmeisterei des Landkreises die Situation an der Holtenser Landstraße „angemahnt“. Daraufhin seien punktuell Bäume entfernt worden. Die Stadt habe zugesagt, die Situation grundlegend entschärfen zu wollen. Forstamtsleiter Carsten Bölts nennt den Klimawandel als Hauptursache für die zunehmenden Baumschäden. „Geringerer Niederschlag und höhere Durchschnittstemperaturen führen vermehrt zu Baumkrankheiten und Schädlingsbefall.“ Das Gefährliche sind nach Worten von Bölts nicht allein die offensichtlich kranken Bäume, sondern die von außen noch gesund wirkenden Bäume, die bei regulären Sichtkontrollen nicht auffallen.
Die Stürme im Februar dieses Jahres hatten nach Angaben aus dem Rathaus zu massiven Beeinträchtigungen und gefährlichen Situationen auf den Straßen geführt. Die Krumme Beeke (Verbindung zwischen Holtensen und Rohrsen) musste für eine Woche gesperrt werden, um umgestürzte Bäume zu beseitigen. Der Finkenborner Weg war ab Juli komplett gesperrt, da die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnte. Beide Straßen führen durch dicht bewaldete Gebiete.
Forstamtsleiter Bölts umreißt das Ziel der Stadt: Durch einmalige, aber größere Eingriffe an den gefährlichsten Straßenabschnitten sollen Waldsäume geschaffen werden. Damit wolle die Stadt die Verkehrssicherheit erhöhen und gleichzeitig stabile und gesunde Waldränder mit hoher Biodiversität entwickeln. Laut Bölts zeichnen sich solche Waldränder durch drei ineinander verzahnte Bereiche aus: Gras- und Wildkräuterbereich, Strauchbereich (zum Beispiel Holunder, Vogelbeere, Hasel etc.) und daran anschließend der Übergangsbereich zum eigentlichen Wald. Dort wachsen Baumarten wie Hainbuche oder Wildkirsche, die nicht die Größe der Waldbäume erreichen. „Im Ergebnis bedeutet dies einen Gewinn für die Natur, da die Artenvielfalt erhöht werden kann“, unterstreicht Bölts.
„Mittelfristig“ strebe die Stadt auch weiterhin an, natürliche Waldränder zu schaffen, bekundet OB Griese. Allerdings solle der Einschlag nicht so rigoros erfolgen. „Wir nehmen die Kritik sehr ernst und möchten gesunde Bäume so weit wie möglich erhalten“, sagt der Rathauschef. Bezüglich der Verkehrssicherheit liege man bei der jetzt um etwa ein Drittel reduzierten Zahl der zu fällenden Bäume „gerade noch im Bereich des Vertretbaren“. Er könne jedoch, so Griese, nicht ausschließen, dass sich in den kommenden Monaten oder Jahren weitere Bäume als schadhaft erweisen, so dass sie gefällt werden müssten.“
Fotos der Situation vor Ort am 25.10.2020