Meinung: Bürger(Radweg)garten – mit dieser Art von Journalismus fährt die DEWEZET an die Wand.

Hameln, 24.06.2021: Über die Entscheidung von Politik und Verwaltung zum Bau eines Radweges am Bürgergarten und der damit verbundenen Umgestaltung der Grünflächen wird seine eigene Meinung haben. Die Frage ist aber auch, welche Informationsgrundlage für die Meinungsbildung zur Verfügung steht? Erste Aufgabe einer professionellen Tageszeitung ist es für mich, ausgewogen die Hintergründe zu erläutern und die verschiedenen Stimmungen und Meinungen darzustellen. Wünschenswert sind durchaus Bewertungen der Redaktion – diese aber bitte als klar gekennzeichneten Kommentar.

Was aber macht unsere Heimatzeitung:

a) Die Stadtverwaltung hatte gemeinsam mit der Politik am 22.06.2021 um 17 Uhr alle Medienvertreter eingeladen, vor Ort an der Eröffnung teilzunehmen. Die verantwortliche Sachebene der Verwaltung stand für Fragen und Interviews zur Verfügung, der Oberbürgermeister und Vertreter fast aller politischen Parteien waren da. Genügend Informationsmöglichkeiten also für eine ausgewogene und vielfältige Berichterstattung. Die Kernredaktion der DEWEZET erschien nicht! Die Fotografin war da und ein Onlineredakteur, der eine „launiges Videofilmchen“ drehte. (Eigene Schilderung siehe Botenbericht. Unabhängig davon zum Vergleich der Bericht Radio aktiv)

b) Am Folgetag erschien ein kurzer, grafisch auffällig aufgemachter Bericht des stellvertretenden Chefredakteurs Herrn Thimm. Dieser richtet den Focus allein auf die Kosten des Projektes. Siehe dazu Botenbericht „Framing“ unter https://hamelnerbote.de/?p=15262

c) Am 24.06.2021 erschien auf Seite eins des Hameln-Teils ein gleichfalls mit Foto aufgemachter Bericht, der die Problematik „Wochenmarkt“ in den Mittelpunkt stellt.

Dazu von mir zwei Bewertungen:

Erstens: Zur Sache. Wer in Hameln wohnt (und Rad fährt), der kennt die Situation. Mittwochs und Samstags ist schon seit langem Wochenmarkt. Der Rathausplatz ist nicht passierbar und man fährt über die Sedanstraße in Richtung Innenstadt. An ca. 12 von 168 Stunden in der Woche ist der Radweg nicht durchgängig befahrbar. Wo ist das Problem? Das war bei der schmalen Mercure-Passage auch schon so. Man stellt sich als Radfahrer darauf ein. Das jetzt zum Problem hochzustilisieren hat für mich andere Gründe, man diskreditiert die Planer und vermindert in der Politik die Bereitschaft, weiter Verbesserungen für die Minderheit der Radfahrer mitzutragen (gibt ja nur Ärger). Damit knüpft die Redaktion an einen unseligen Stil aus den 90er Jahren an. Ich habe noch die Agitation rund um die Öffnung/Querung des Deisterfriedhofs, damals unter dem Chefredakteur Herrn Grießer, mitgemacht. (siehe http://archiv.bund-hameln-pyrmont.net/index.php?id=51934) 1997 aber gab es Kritiker aus der Politik, Herr Rieger z.B., über den die Zeitung berichtete. Wer heute aufmerksam liest: Die Zeitung sucht sich derzeit die Kritik aus einzelne Leserrückmeldungen zusammen, um aus ihrer Sicht „populär“ zu berichten.

Die Wirkungen dieser Art von Journalismus sind regelmäßig in den Kommentarspalten im Facebook-Profil der Zeitung zu beobachten.

Sachgründe und der Zwang bei Kompromisslösungen auch Nachteile zu akzeptieren sind für einfachste Darstellungen hinderlich. Auf so einem Berichtsniveau ist es schwer, inhaltlich politische Arbeit zu vermitteln. Die Folgen sind, dass die so erzeugten Protest-Frustleser bei den Wahlen zu obskuren Parteien abwandern.

Für mich ist diese Art der Berichterstattung peinlich für die Zeitung. Der Leser sollte erwarten dürfen, das er in erster Stelle ausgewogen über Sachverhalte informiert wird. Meinungen der Redaktion gehören in die Kommentarspalte. Die DEWEZET aber macht mit dieser Art Stimmungsjournalismus einseitiger Art. Es steht der Redaktion auch nicht zu, sich als oberster Richter oder Verurteiler in unserer Stadt aufzuspielen.

Seit geraumer Zeit stellt die Zeitung unterschwellig oder auch ganz offen die Verwaltungen unserer Stadt als unfähig dar. So wird durch die Überheblichkeit der Berichterstattung das Klima des Zusammenlebens unserer Stadt vergiftet.

Die Folgewirkung dieser Form des Journalismus ist Distanzierung. Wenn das Vertrauen in eine ausgewogene Berichterstattung zerstört ist, dann steht man für Informationen an die Zeitung nicht mehr zur Verfügung. Wer muss, beschränkt sich auf das Notwendigste. Siehe hier als Beispiel das Antwortverhalten einer Reihe angeschriebenen Verwaltungsleitungen zum Bericht „Beleidigt, bedroht, bedrängt. Wie Politiker im Weserbergland die Zunahme von Hass erleben“ in der DEWEZET-Ausgabe vom 24.06.2021. Hier wortkarg mit ja oder nein zu antworten spricht Bände.

Leittragende dieser Entwicklung sind übrigens alle Redakteure der Zeitung, und das ist unglücklich, denn nicht alle machen den Trend der Hausspitze mit.

Das die Zeitung aktiver Akteur der Polarisierung unserer Gesellschaft ist macht mich traurig und wütend. Wir befinden uns in einer sich beständig weiterdrehenden Eskalationsspirale. Ich habe seit längeren versucht, mit #deweztkorrektiv auf die Effekte hinzuweisen. Den Schaden dieser für mich von der Chefredaktion gesetzten Richtung nimmt der Leser oder zunehmend der Nichtleser sowie alle Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, inklusive Anzeigenkunden. Eine lokale Tageszeitung ist ein Wert und Standortvorteil. So wie die DEWEZET derzeit agiert ist es nicht vertretbar, die Zeitung zu unterstützen.

Ralf Hermes, 24.06.2021

Nachtrag: Der Fairness halber sei auch erwähnt, das die Zeitung in ihrer Vergangenheit eine Vielzahl von sehr ausgewogenen – bzw. „radfahrerfreundlichen“ Berichten veröffentlicht hat, die auf die Problemlage gut hingewiesen haben. Der obige Kommentar entstand aus eine Verärgerung über den konkreten Fall „Bürgergarten/Radweg“ und über einen Gesamteindruck der Zeitung auch in anderen Fällen.

Ralf Hermes, 25.06.2021


Nachtrag: 26.06.202 – Wochenmarkt am Samstag:

herral, 29.06.2021

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