Zwischenruf/Gastkommentar: „Demokratie liefert nicht mehr!“ von Günter Bilakowski

Hameln, 20.06.2023: Am 17.06.2023 wurde mir folgender Gastkommentar übersandt:

Misstöne und Unzufriedenheit beherrschen die Tagespolitik, wenn es um unsere Demokratie geht. Handelt es sich hierbei vielleicht um eine Art Eliten-Streit zwischen Journalismus ( Nachrichten- / Meinungsjournalismus ) und Digitalisierung ( Social Media / Echo-Demoskopie )? Oder zwischen demokratischen Parteien und politischen Extremen? Keineswegs - oder doch? 
 
Als Bürger und Normal-Verbraucher machen wir hier und heute unsere eigenen Erfahrungen. Wir sind lernfähig - oder auch nicht! Und wir sind nicht mehr die selben, wir sind wählerische Wähler geworden und wir sind auch unsichere Kantonisten, wenn es um demoskopische Umfragen geht! Huldigen wir vielleicht einem Zerrbild, wenn wir Demokratie meinen? Und warum dürfen 8,7 Mill. (12,6 %) bei uns lebenden Menschen an keiner Wahl teilnehmen (Medien-Dienst)?

Fakt ist, wir haben derzeit 23,4 Prozent Nichtwähler (Wirtschaft & Politik) und die AfD punktet, hat hohe Zustimmungswerte in allen Bevölkerungs-Schichten! Was also läuft schief in unserer Demokratie? Umfragen hierzu sind nicht immer eindeutig! Und da wir inzwischen Massengesellschaft mit sehr komplexen Strukturen geworden sind, müssen hier aus Zeit- und Platzmangel einige Fragen unbeantwortet bleiben!

Nur der obigen Überschrift/These von Prof. Stefan Lessenich, Uni Frankfurt „Demokratie liefert nicht mehr!“, möchte ich hier nachgehen. Der Autor und Verfasser vieler wissenschaftlicher Bücher, für mich eines der interessantesten „Grenzen der Demokratie“ analysiert unsere westlichen Demokratien und versucht Antworten zu geben. Einer seiner Ansätze die dominante Rolle unseres neoliberalen Wirtschaftssystems. Unser Staat, unsere Demokratie, unsere Parteien, sie alle verhalten sich opportunistisch und liefern schon länger nicht mehr! Der Staat, Regierung, Opposition, demokratische Parteien, alle sprechen z.B. vom freien Markt, vom neutralen Staat, der sich aus der Wirtschaft heraus halten soll. Und man tut so als ob alle den gleichen Zugang, die gleichen Chancen hätten.
Dabei mischt sich dieses Wirtschaftssystem (ohne Mandat!) in alle Lebensbereiche ein! Und dann die Mär von den gemeinsamen Werten! Jeder könne nach seiner eigenen Facon glücklich werden. Das gleiche gilt für die Öffentlichkeit, dabei braucht man nur in die Dewezet zu schauen, um zu erkennen, wer die Themen setzt und wer Meinung diktiert. Hier ist alles materiell und sozial nach Einfluss und Schichtzugehörigkeit unterlegt! Dies alles und noch vielmehr kann man als ungerecht empfinden. Und das ist es auch! 

Wenn heute große Teile unserer Bevölkerung mit der Entwicklung dieser Demokratie nicht einverstanden sind, aus Protest AfD wählen, dann geht auch unsere innere Stabilität verloren! Nach Prof. Lessenich  kündigt die Kapitalseite, man kann auch von den Besitzenden und Bestimmenden sprechen, gerade den Gesellschaftsvertrag, „weil sie ihn in einer globalisierten Wirtschaft nicht mehr braucht“. Er plädiert deshalb für mehr Teilhabe, Einbeziehung und umfassende Solidarität! Doch dazu fehlt uns eine gemeinsame Konflikt-Kultur. Wir können es einfach nicht!! Politiker und Parteien präferieren lieber die „ Einigkeit“ von oben anstatt Diskurse auf allen Ebenen zuzulassen. Und welches Echo kommt aus der Wirtschaft: Demokratie zu langsam, Entscheidungsprozesse dauern zu lange, die globale Konkurrenz ist schneller! Das nennt man Druckaufbau. Der größte Flop aber sind die sozialen Foren. Nicht nur das hier der Kapitalismus seine nächste Häutung vollzogen hat und die soziale Spaltung in arm und reich im Weltmaßstab noch um eine Drehung schneller gemacht hat. Diese sog. Sprechräume sind nach Elisabeth Nölle-Neumann Echo-Kammern, in denen Menschen aus Furcht vor Isolation sich freiwillig der jeweiligen Mehrheitsmeinung anschließen. Von Dialog oder freier Meinungsbildung keine Spur. Alles in allem keine Erfolgsstory. Wir müssen uns weit mehr anstrengen, wenn wir unsere Freiheit, unsere Demokratie vor Autoritarismus und Rechtspopulismus schützen wollen! Viel Zeit haben wir nicht mehr!

Günter Bialkowski

veröffentlicht als Gastkommentar, herral

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