Hameln, 01.03.2024: Günter Bialkowski formuliert seine Sorgen in einen offenen Brief aus Hameln an den Bundeskanzler Olaf Scholz.
Sehr geehrter Hr. Bundeskanzler Scholz,
als Angehöriger unserer älteren Generation, der bisher alle deutschen Bundeskanzler der Nachkriegszeit erlebt hat, schreibe ich Ihnen aus tiefer Sorge um den demokratischen Zusammenhalt und die zunehmend spürbar werdende Orientierungs- und Führungslosigkeit unserer Gesellschaft diese Mail. Hierbei sehe ich mich im Einklang mit Persönlichkeiten aus SPD und vielen Menschen unserer Zivilgesellschaft!
Positiv möchte ich daran erinnern, wie Ihnen im ersten Jahr des Machtwechsels von der bürgerlich-konservativen zur liberal-grün-sozialdemokratischen Regierung, der sog. Ampelkoalition programmatisch vieles gelungen ist, was in unserer Gesellschaft positiv goutiert wurde. Doch in letzter Zeit überwiegt der Streit innerhalb der Ampel, macht sich Unmut breit! Menschen haben den Eindruck, die Bundesregierung, der Bundeskanzler haben keine Vision wie es mit unserem Land weiter gehen soll! Alles soll nur noch einem ausgeglichenem Bundeshaushalt untergeordnet werden. Dabei braucht unser Land auch durch die Stagnation der 16 jährigen unionsgeführten Bundesregierung unter Fr. Dr. Merkel dringend Reformen!!
Das „fiskalpolitische Zwangskorsett“, welches der Finanzminister Hr. Lindner ihnen als Bundeskanzler verordnet hat, sollte Sie aber nicht davon abhalten von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen! Wenn der Juso-Chef Philipp Türmer Kritik an ihrem Führungsstil äußert und ihnen vorwirft, auf Abstand zu ihrer eigenen Partei zu gehen, wenn der ehemalige SPD-Finanzminister Peer Steinbrück ihnen „einen Mangel an Führung und Orientierung in diesen Zeiten großer Unsicherheit“ bestätigt, dann wird es Zeit neben der eingeräumten Selbstkritik auch zu handeln und dies auch öffentlich zu kommunizieren!
Dass unser vielfältiges innenpolitische „Herum-Geeiere“ auch außenpolitisch negative Schlagzeilen liefert und unserem Ansehen schadet, sollte auch Ihnen Hr. Bundeskanzler Sorgen bereiten. Die beiden angesehenen englischen Prof. und Politikwissenschaftler Abou-Chadi und OˋGrady stellen ihnen in einem Essay ein vernichtendes Zeugnis aus. Sie warnen ihre eigenen Landsleute und schreiben: „Wer wissen will, wie Großbritanniens Zukunft unter Starmer (Oppositionsführer und Vorsitzender der engl. Labour Party) aussieht, sollte nach Deutschland schauen – die Aussichten sind nicht rosig“. Ich finde dieses Urteil ist hart aber wohl analytisch unterlegt.
Zusammenfassend – bitte ich Sie sehr geehrter Hr. Bundeskanzler Scholz kommunizieren Sie öffentlich und häufiger ´direkt ´ mit uns, der Basis dieser Gesellschaft. Wechseln Sie vom Moderator zum Kämpfer und zeigen Sie uns, wenn nötig auch in kleinen Schritten, wie der sozialdemokratische Weg aus dieser Polykrise aussieht?
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Günter Bialkowski
herral
Auf die Antwort bin ich gespannt. Bitte hier veröffentlichen.