Gastbeitrag: Nachbetrachtungen zum Bundestags-Wahlkampf 2025

Hameln, 25.02.2025: Günter Bialkowski schreib am Morgen nach der Wahl:

Ja - der Wahlkampf 2025 in bisher nicht gekannter Vielfalt innerer Spaltungen und äußerer Krisen war kurz, heftig und manchmal auch giftig. Nun liegt das Ergebnis vor. Friedrich Merz und seine Union sind die Sieger hinter der zweitplatzierten AFD. Die SPD abgeschlagen, wie die Grünen. Und die wahlberechtigten Bürger hatten es nicht leicht, vielen dämmerte es, das zeigt die hohe Wahlbeteiligung von 83 %. Diesmal ging es um mehr! Es wird neue Köpfe geben und wohl eine kleine GroKo. Ob der Wahlsieger Friedrich Merz mit 28,8 % eine neue Politik einleiten kann, hängt entscheidend von seinem möglichen Koalitionspartner SPD ab.

Deshalb möchte ich noch einmal kurz den Blick auf den Leitartikel von Steven Geyer in der DWZ vom 22.02.25 „Die deutsche Wahl in Zeiten der Weltkrise“ richten. Der Autor brachte es auf den Punkt. Bei dieser Wahl ging es, auch weil dies bis zum Schluss von den Parteien kaum kommuniziert wurde, um den Fortbestand unserer Demokratie. Die Themen waren: Migration, Wirtschaft, Rechts-Populismus/Brandmauer, Soziales und ein bisschen Klima-Politik. Nach Steven Geyer standen die Bürger vor der Wahl zwischen Disruption oder Weiter-so! Dazu lässt er etwas Analyse mit Schuldzuweisung an die 16 jährige unionsgeführte Bundes-Regierung unter Fr. Merkel einfließen, die viele Probleme angesammelt hatte. Er vergaß auch nicht auf den Vertrauensverlust der Menschen hinzuweisen, die selbst einem möglichen Politik-Wandel durch diese Wahl sehr skeptisch bis ratlos gegenüber standen.

Was also ist schief gelaufen in unserer Demokratie, die bis in die 80 er Jahre ordentlich funktionierte? Die neue Koalitions-Regierung muss hier ansetzen, die Mehrheit der Menschen wollen Reformen, grundlegende Reformen und Veränderung auch gegen Privilegien und ineffiziente, verkarstete Strukturen, denn unserer Demokratie geht neben dem Werteverlust, dem Mangel an Respekt vor dem Leben u.a.m. vor allem das Geld aus! Vieles ist nicht mehr finanzierbar!!

Hat unsere Demokratie zu viel versprochen, auch was die Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten betrifft, was sie letztlich nicht einlösen konnte? Wie steht es überhaupt um die Demokratien der westlichen Welt? Amerikas Demokratie droht die Aushöhlung durch Trump. Einige europäische Demokratien verändern gerade ihre inneren Strukturen - allen voran Viktor Orban in Ungarn und so werden sie populistisch, rechtslastig, faschistisch!

Kurzum - uns, der EU und offenbar auch der Nato drohen Gefahren und Ungewissheiten durch diesen US-Präsidenten und seinen Umgang mit Putin. Beide streben eine neue Weltordnung an, ohne Europa. Dies spielte in unserem Winter-Wahlkampf nicht die gebührende Rolle. Besonders die Fehleinschätzung der deutschen Administration, dass bis zuletzt angenommen wurde, Kamala Harris würde die US-Wahl gewinnen, fällt uns nun auf die Füsse! Hier hätte die Musik spielen müssen! Und auch Presse und Medien haben hieran ihren Anteil. Wir sind auf die abrupten Veränderungen in der Welt, die entstandene Bedrohungslage, ja - auf Trumps Wut auf Germany nicht vorbereitet.

Ich finde, der wohl neue Kanzler Friedrich Merz muß einen großen Bogen von der inneren Unzufriedenheit zur philosophischen Frage nach Gerechtigkeit und Solidarität herstellen. Die Frage lautet: Was ist uns, den Parteien, jedem einzelnen Bürger unsere Freiheit und Demokratie wert? Ohne politische Klärung der offenen sozialen Fragen wird das nicht funktionieren, das zeigt der rasante Zugewinn der Partei, Die Linke, die mit sozialen Themen viele Unzufriedene erreichte! Ob Friedrich Merz über Parteigrenzen hinweg zusammen führen und unsere ungelösten sozialen Probleme, z. B. die kaum erwähnte aber heftig unterfinanzierte Pflegeversicherung endlich auf die Beine stellen kann … Fragezeichen!

Nun ist schnelles Handeln von Nöten, wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Merz hat den Ausschluss der Afd bei der Regierungsbildung noch am Wahlabend garantiert! Und er muss der deutschen Wirtschaft neue Impulse setzen - Pessimismus in Optimismus verwandeln. Alles in Allem eine Riesenaufgabe, auch weil der neue Sheriff in Washington deutsche Exporte mit Zöllen belegen will und seine Leute sich ungefragt in unsere Innenpolitik einmischen. Letzteres mögen die Menschen in Deutschland gar nicht. Friedrich Merz und seine Regierung werden hart arbeiten müssen. Und wir …, wir alle müssen uns auf Verzicht und Veränderungen einstellen. Weil sich die Weltlage verändert hat sollten wir uns an eine deutsche Tugend erinnern, die einst das Made in Germany begründete. Besonders erfolgreich werden wir als soziale und solidarische Gesellschaft in die Zukunft blicken können, wenn wir es mit dem fröhlich-optimistischen Song von Geier Sturzflug und seinem Refrain halten: „ … ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt, ja, ja, ja,…“, und wenn wir dieses Ergebnis der Wahl für uns alle als letzten Weckruf begreifen.

Günter Bialkowski

herral, 24.02.2025

Ein Gedanke zu „Gastbeitrag: Nachbetrachtungen zum Bundestags-Wahlkampf 2025“

  1. Ich stimme dir in vielen Punkten zu aber Wahlsieger ist Merz nur vordergründig. Es ist ein katastrophales Ergebnis für die CDU gemessen am Potential, dass für diese Partei im Scheitern der Ampel gesteckt hat. 40 – 45 % wären für die CDU drin gewesen. Statt die AfD zu halbieren, haben Merz und Söder sie verdoppelt. Zudem die linken „Ränder“ gestärkt mit ihrem Migrationskurs als falsches Thema.

    Aber über vieles kann man sicher streiten. Wir sind als Demokratie jetzt auf den Erfolg dieser neuen Koalition verdammt. Hoffentlich wird Merz kein Hindenburg.

    Übrigens: Nur mit 0,03 % ist die CDU am absoluten Koaltionschaos verbeigeschliddert, den der Einzug des BSW in den Bundestag bedeutet hätte.

    Beste Grüße und alles Gute

    Ralf

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