Hameln, 31.10.2025: (eigener Bericht) Keine Predigt von der Kanzel, sondern ein Gottesdienst, der die Zuhörenden an Tischen zusammenführte und ins Gespräch brachte. Dazu gute Impulse, Informationen und Denkanstöße unterschiedlicher Akteure. Hier mein Bericht:
Da sind Worte voll Weisheit und Worte voll Trost
mit unsagbarer Tiefe. Gott lässt dich nicht los.
Da sind Worte der Freude und Worte voll Glück;
auch Worte, die mahnen, führen zu ihm zurück.
Wenn Sie jetzt gleich wegklicken (zu dem Thema kommen wir noch) – Gott und Glaube interessiert Sie nicht – dann verpassen Sie etwas. Trotz Glaubenselemente gab es viele Informationen, die auch für Nichtkirchengänger interessant waren.
Es ging viel um Worte, gedruckte / veröffentlichte Worte. Worte, die schmerzen können oder anders als in dem Lied weder Wahrheit noch Kraft schenken.
Ich schätze, rund 140 Menschen waren erschienen, um einen besonderen Reformationsgottesdienst zu erleben.
Der Superintendent führte ein, dass die Reformation eine Bildungsbewegung war. Die Kirche nutze den Feiertag, um auf Themen zu schauen, die einen kirchlichen Bezug und eine gesellschaftliche Relevanz haben.
Ich lasse jetzt die Gottesdienstanteile einmal aus und berichte von den drei kurzen Impulsstatements.
Die Erfindung der Druckerpresse machte plötzlich vielen Menschen Informationen zugänglich. Dass sich das auf die Religion (z.B. die Bibelübersetzung von Luther) bezieht, ist Allgemeinwissen. Weniger bekannt, so Dr. Vasel, ist, dass der Buchdruck damals auch einen Schub in die Mathematik mit sich brachte. Die „Geometrie des Euklid“ war nach der Bibel das meistgedruckte Buch der damaligen Zeit. Der Buchdruck löste eine Bildungsexplosion aus. Bei der Reformation ging es nicht nur um Religion. So hilft die Naturwissenschaft gleichfalls die Welt zu verstehen. Christen können sehr gut auch Mathematiker, Biologen oder Ärzte sein. Die Erfindung der Druckerpresse ermöglichte es, schnell Texte in Massen zu veröffentlichen. Flugblätter in sehr, sehr großer Zahl, die fürchterlich polemisch und unsachlich waren, kamen unters Volk. Krasse Bilder zeigten z.B. den Pabst als Esel. Am Beispiel der Hexenverfolgung zeigte Dr. Vasel auf, welche besonders dunklen Seiten das frühe Druckwesen auch hervorbrachte. Rund 45.000 Hexen wurden zwischen 1450 und 1750 in Europa hingerichtet. Die Geschichte der Universität in Rinteln gibt Einblicke in die Abgründe der Verfolgung auch hier in der Region. Durch den Buchdruck wurde es möglich, die Ideologie der Hexenverfolgung weiter in die Fläche zu tragen. Die Druckschriften vervielfachten die Möglichkeit Hass, Hetze und Gewalt zu verbreiten. Dieses geschah damals mit einer außerordentlichen Geschwindigkeit, abrupt und brutal. Als Beispiel nannte der Superintendent das Buch „Hexenhammer“ aus dem Jahr 1480 mit abgründigen Methoden der Verfolgung / Verurteilung / Folterung. Die Anleitung des Heinrich Kramer erschien in vielen Auflagen und Übersetzungen. Eine Schattenseite der Medienrevolution durch den Buchdruck, die die Abgründe aufzeigen, die die Menschen in sich tragen.
Es folgte ein siebenminütiger Austausch an den Stehtischen. An meinem Juli-Tisch lernte ich unbekannte Menschen durch alle Altersschichten kennen, die ganz unterschiedliche Erfahrungen und Meinungen zum Gehörten mitteilten. Die Zeit verging im Fluge und es folgten die Impulse 2 und 3.
Als nächstes beschrieb Pastorin Anne Mirjam Walter am Beispiel des Digitalprojektes Basiskirche auf Youtube einen erfolgreichen Weg der Öffentlichkeitsarbeit der Kirche für den Bereich der Altersgruppe von Jugendlichen bis zu den Erwachsenen. Für kirchliche Botschaften ist dabei wenig Zeit. Die Leute klicken sonst ganz schnell weg. Aber mit den Filmen werden Themen besetzt, die der Kirche wichtig sind. Zudem können dann mit kurzen Sätzen wie „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – Isabell tut das!“ am Beispiel einer Pflegerin im Sana auch christliche Werte vermittelt werden. Konkretmachte Frau Walter das mit zwei kurzen Filmen deutlich. Einblicke in das Projekt gibt es hier: https://www.youtube.com/@BASISKIRCHE
Es folgte dann ein vom Pressesprecher des Kirchenkreises, Harald Languth, moderiertes Gespräch mit Frau Walter und dem Chefredakteur der DEWEZET Thomas Thimm.
Hier einige Aussagen von Herrn Thimm:
- Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen mit 200 Mitarbeitern, die auch nächstes Jahr noch arbeiten können
- Herz-/Schmerz-Themen sind nicht das Hauptgeschäft der Zeitung, aber emotionale Geschichten funktionieren garantiert.
- Er zeigte anhand der Zeitabläufe auf, mit welcher Geschwindigkeit neue Medien von Facebook über TikTok zu KI unterwegs sind und Millionen Nutzer erreichen. Das macht das Leben für die Printmedien nicht einfach.
- Hate-Speech müssten sie auch erleben und aktuell überarbeite die DEWEZET ihre Social Media Strategie. Die Kommentare bei Facebook und Co sind mittlerweile unsäglich und verursachen in der Administration hohe Kosten. Derzeit ist angedacht, die Kommentarfunktion abzuschalten. Dieses hat aber den Nachteil, dass die großen Tec-Konzerne die Reichweite der Beiträge reduzieren. Dennoch würde das demnächst getestet werden.
- Wichtig ist ihm die folgende Botschaft: Im Journalismus stets die Quelle prüfen. Medium ist nicht Journalismus. Im Internet gibt es eine Vielzahl von Akteuren – russische Bots, Lobbyisten, Parteimitglieder, Interessenvertreter, Menschen ohne journalistische Ausbildung und vieles mehr. Ausgebildete Journalisten sind da etwas anders.
- Gerne diskutiert er über Kritik an der Berichterstattung. In der Redaktion ist man sehr selbstkritisch und für Kritik dankbar. Persönliche Verächtlichmachung aber ist etwas anderes. Da gibt es engagierte Kollegen, den macht das was aus. Selbsterklärte Journalisten, die alles besser wissen, das geht nicht. Jeder ist herzliche eingeladen zu hinterfragen und auf Augenhöhe zu diskutieren. Dafür ist sein Büro jederzeit offen.
Nach diesen Statements ging es erneut an die Stehtische zum Austausch über das Gehörte. An meinem Tisch gab es leider keine lokalen Zeitungsleser und es nutzte auch niemand die sozialen Medien. So bezog sich der Austausch dann auf Schulthemen.
Nach Ende des Gottesdienstes folgte die Einladung zum weiteren Austausch im nicht mehr vorgegebenen Rahmen bei einem Teller Kürbissuppe und Getränken.
DEWEZET Bericht (Bezahlschranke) zur Veranstaltung: https://www.dewezet.de/lokales/hameln-pyrmont/hameln/diskussion-in-hameln-was-die-erfindung-des-buchdrucks-und-social-media-gemeinsam-haben-6DCSCXNHEZD6NH6MVOVFROIAHE.html
Herral, 31.10.2025
Ankündigung:
https://www.kirche-hameln-pyrmont.de/Meldungen/aktuelles/2025/September-Oktober/Reformationstag








