Ein Hamelner Sprachkünstler – dem Liedermacher und Menschen Walter Hedemann zur Erinnerung

Humor, manchmal auch schwarz und bissig. Immer intelligent und mit Hintersinn. Walter Hedemann, Studienrat, Familienmensch, Musiker und Sprachkünstler. Zur Erinnerung einige Lieder, Bilder und Texte:

Chansonnier, Liedermacher, Kabarettist, Dichter – Kleinkünstler aus Hameln. Eine Persönlichkeit mit ironisch-kritischen, manchmal makabren, teils politischen, oft humorvollen und stets intelligenten Texten und dazu passenden Klängen.

Walter Hedemann hat diese Welt am 06.11.2019 verlassen. Es bleiben seine Texte, Lieder und Klänge sowie die Erinnerung an einen schmunzelnden Wortartisten.

Hier eines seiner ersten Lieder, zusammengeführt mit Bildern der Familie und Freunden:  


Walter Hedemann steht in Gemeinsamkeit mit Hannes Wader, Reinhard Mey und Hans Dieter Hüsch, auch wenn er nicht die spätere Bekanntheit der Sangeskollegen von der Burg Waldeck (1965-1967) erreichte, mit denen er gemeinsam auf einer Bühne gestanden hat.

Walter Hedemann, der sich selbst als „vorsichtigen Menschen“ bezeichnete, und auch stets vom „Lampenfieber“ betroffen war, entschied sich für die Familie, die Kinder und den Beruf als Lehrer am Viktoria-Luise-Gymnasium (Vikilu) in Hameln als Schulmeister wie er sagte.  Sein Beruf aber blieb von ironischen Texten von ihm nicht verschont.

Ein Portrait bei Radio Aktiv, gesendet am 19.07.2012, lässt Walter Hedemann im Gespräch mit Joachim Stracke hören und gibt einen guten Einblick über Person und Wirken des Hamelner Liedermachers:

Hier einige weitere Stücke:

Das Lied vom mehr:

Sendeausschnitt Walter Hedemann beim „Blauen Bock“ vom 17.12.1977:

Neben dem Gesang gab es ab dem Jahre 2002 eine Reihe von sprachgewaltigen Redebeiträgen im Lokalsender Radio Aktiv. Hier ein Beispiel aus dem Jahre 2009 über Statistik:

oder vom / über Lobbiisten

Auch in der Gruppe trat Walter Hedemann auf und begleitete die „Pädagogian Harmonists“ auch am Klavier.

Ebenfalls eine Besonderheit und ein Stück Hamelner Lokalgeschichte: Die Entwicklung der Hamelner Grünen begann im Wohnzimmer der Familie Hedemann. Im Herbst 1977 hatte er den Vorsitzenden der neuen niedersächsischen „Umweltschutzpartei“ (USP), Carl Beddermann und Helmut Neddermeyer, zu sich nach Hause eingeladen, dazu einen kleinen Kreis interessierter Bürger. Jürgen C. Kruse, Carsten und Heidrun Winkler und Adelheid Brunotte. Die vier gehörten auch der kleinen Gruppe an, die im Winter in Hameln einen USP-Kreisverband gründete. Dieses war die Keimzelle der Grünen in Hameln, die 1981 zur Kommunalwahl antraten (siehe DEWEZET vom 20.02.2010).

Kritische, nachdenkliche oder provozierende Umweltliedertexte gehörten zum Repertoire von Walter Hedemann:  Das Lied „Beschränkte Autofahrer“ schrieb Walter Hedemann im Jahr 1995 für den BUND Hameln anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Alptraum Auto“ im Hochzeitshaus Hameln:

Walter Hedemanns Lebensweg begann 1932 in Lübeck, er verbrachte seine Kindheit in Naumburg/Saale, wo er das Realgymnasium besuchte und Klavier spielen lernte. Hier lernte er auch seine spätere Ehefrau Almut kennen, die er 1958 heiratete. Er studierte Deutsch und Englisch an der Freien Universität Berlin und legte 1959 sein Staatsexamen für das höhere Lehramt ab. 1959 kam er nach Hameln, wo seine Frau als Zahnärztin eine Stelle fand. Walter Hedemann unterrichtete von 1961 bis 1994 am Vikilu. Die Familie hatte vier Kinder, ein Sohn wird bei einem Raubüberfall in Mexiko ermordet. Die Ehefrau Dr. Almut Hedemann verstirbt 2011 in Hameln.

Walter Hedemann folgt ihr am 6.11.2019.

Eine ausführliche Beschreibung des künstlerischen Schaffens und der Person findet sich in einem Beitrag von Bernd Bruns im Hamelner Jahrbuch2017 des Museums Hameln.

In der DEWEZT gibt es in den 70er Jahren eine Vielzahl von Presseberichten, aber auch einige Leserbriefe und eine politische Anzeige aus dem Jahre 1969 mit Walter Hedemann.

Siehe ansonsten auch:

https://www.zeit.de/1966/24/saengerkrieg-auf-burg-waldeck

Chanson ist Kür – Walter Hedemann zum Achtzigsten – Von einem Sänger, der immer lieber ein Schulmeister war. Text von Michael Laages:  http://archiv.folker.de/201301/08hedemann.php https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Hedemann

Radio Aktiv veröffentlichte am 08.11.2019 folgende Meldung:

Die DEWEZET brachte am 09.11.2019 einen Nachruf und die Traueranzeigen von Familie und Freunden:

Seine Lieder, und die Erinnerung an die persönlichen Begegnungen bleiben uns erhalten.

Ralf Hermes, 09.11.2019

Danksagung Dez. 2019

4 Gedanken zu „Ein Hamelner Sprachkünstler – dem Liedermacher und Menschen Walter Hedemann zur Erinnerung“

  1. Schade, dass ich Walter Hedemann nie kennengelernt habe. Dank für diesen Beitrag! Wusste nichts von ihm. Solche Geister fehlen m. E. heute im Weserbergland, um die Jugend in ihrem Aufbruch zu neuer Freiheit und nachhaltig gestalteter Zukunft zu unterstützen. Im Beitrag las ich von einem lieben Klassenkameraden Bernd Bruns, der über Hedemann schrieb. Auch zwei ganz wichtige Lehrer für mich am „Schiller“, die Oberstudienräte Polley und Budde, entdeckte ich in diesem Beitrag als SPD-Unterstützer in 69 bei der Brandt-Wahl. In dieser Zeit studierte ich in Heidelberg und war in der 68er-Studentenrevolte aktiv involviert, was mit ein Ergebnis eines Politik-Arbeitskreises von Polley zu Beginn der 60er war. Er war der Erste, der den Mut hatte, uns Schülern das Kommunistische Manifest nahe zu bringen, sozusagen als erste nicht-kapitalistische Sichtweise in einer bis dahin stromlinienförmig ausgerichteten westdeutschen Nachkriegs-Geisteswelt. Hedemann hätte mich sicherlich nicht aus sämtlichen Diskussionen mit Schülern zur Bundestagswahl 2017 ausgeschlossen, was ich als Rückkehrer in meine alte Heimat leider erfahren musste. Wirklich schade: Ich hätte Hedemann gerne leibhaftig kennengelernt.

  2. Als ich mit meiner Familie 1961 nach Hameln und damit auch ans Vikili -. damals noch Viktoria-Luise-Schule – zurückkehrte, hatte ich das Glück, Walter Hedemann als Klassenlehrer mit den Fächern Deutsch und zeitweise auch Englisch zu bekommen und bis zum Abitur 1966 zu behalten.
    Bei aller Wertschätzung für künstlerisches Wirken ist er für mich stets der Lehrer geblieben, der meinen Bildungsweg und meine persönliche Entwicklung massgeblich geprägt hat.
    Bis heute bin ich ihm dankbar für die Unerbittlichkeit, mit der er auf einen sorgfältigen Umgang mit der deutschen Sprache bestand, und die Liebe zur Literatur, zum Theater und zur Musik, die er mit denen teilte, die dafür empfänglich waren. Unvergesslich ist der Lesekreis, zu dem wir uns regelmässig im Wohnzimmer der Familie Hedemann trafen und mit verteilten Rollen Szenen aus Theaterstücken lebendig werden ließen, mit denen wir uns im Unterricht beschäftigten, Schillers Don Carlos, Wilhelm Tell und Emila Galotti ebenso wie Goldonis Diener zweier Herren; wenn es ihre Zeit erlaubte, war auch Frau Hedemann mit von der Partie.
    Bei alledem zeigte er sich von Anfang an als ein politisch fortschrittlich denkender Lehrer, der uns zur Auseinandersetzung mit dem aktuellen Geschehen um uns herum ermutigte; so stand bei unseren Deutsch-Aufsätzen immer auch ein gesellschaftspolitisches Thema aus Bereichen wie Freiheit und Demokratie, Ost-West-Politik oder Gleichberechtigung von Mann und Frau zur Auswahl. Das war überhaupt noch nicht selbtverständlich in einer Zeit, in der wie in allen staalichen Institutionen auch an den Schulen noch alte Nazis in Amt und Würden waren und es in Deutschland als einem der der Schauplätze des Kalten Krieges neben gesellschaftlicher Restauration schon wieder um ideologische und Aufrüstung im „Kampf der Systeme“ ging. In einer solchen Zeit einen Lehrer zu haben, der ein waches und kritisches Denken förderte, war ein Glück. Zum Vergleich (und zur Illusutrierung): Noch bei unserer Abi-Entlassungsfeier war es möglich, dass als Vertreter der Stadt Hameln der NPD-Ratsherr Ganser sprach und uns Abiturientinnen ungestört ermahnen konnte, uns von dem „Nigger-Gekrächz“ der „sogenannten“ Jazz-Musik fernzuhalten und stattdessen das deutsche Lied zu ehren. (Ungefähr 20 Jahre wurde ich – damals grün-alernatives Ratsmitglied – hart von der Ratsmehrheit attackiert, nachdem ich bei der Totenehrung für eben diesen damals gerade gerade verstorbenen Ratsherrn Ganser den Sitzungssaal verlassen hatte.)
    Es ist vor allem meiner langjährigen Klassenkameradin und Freundin Roswitha Thamm und Walter Hedemann selbst zu verdanken, dass wir in den mehr als 50 Jahren seit dem Abitur auf die eine oder andere Weise in Verbindung geblieben sind. Noch in diesem Sommer kamen wir in einem nur mehr kleinen Kreis zu einem Klassentreffen zusammen und freuten uns, unseren alten Lehrer in gewohnter geistiger Frische wiederzusehen und dabei nicht nur Erinnerungen auszutauschen, sondern den Bogen zu aktuellen Problemen zu schlagen: Bereits 1963 hatte er uns während einer Klassenfahrt nach Wangerooge jeden Vormittag ein Kapitel aus dem damaligen Bestseller „Der stumme Frühling“ von Rachel Carson vorgelesen, in dem es um die verheerenden Folgen des unehemmtenn Einsatzes von Pesiziden und Insektiziden in der Landwirtscahft ging . . ..
    Wir haben von einem unvergesslichen guten Schulmeister Abschied genommen.

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