Zeitungsrückblick: Nds. Volksstimme aus Hameln, 11.-16. 01.1921

Einladung zu einer Zeitreise zurück ins Jahr 1921. Blitzlichter auf Themen und Anzeigen, die vor 100 Jahren in Hameln die SPD-Tageszeitung veröffentlichte.


Hameln, den 10. Januar 1921. Leider ist die Qualität schlecht: „Eine vom besten Geiste beseelte, sehr stark besuchte Kreiskonferenz tagte gestern im Gewerkschaftshause.“ Es ging um die Aufstellung der Kandidatenliste für den Kreistag und den Provinziallandtag. Die Aufstellung zeigt das Ergebnis der Beratungen:


Freitag, 14. Januar 1921: Aufruf: „Genossen und Genossinnen! Werbt unermüdlich für die Partei und für eure Presse!



Sonnabend, 15.01.1921: „Sie Lechzen nach Arbeiterblut.“ Ein Bericht über die Vorfälle in Flensburg. (Siehe ausführlichen Bericht auf republikpolizei.de)

Rinteln, den 14. Januar 1921. „Ein falsches Gerücht wird in der Grafschaft Schaumburg verbreitet. Es betrifft den in Deckbergen stationierten Hilfslandjäger Burwiß. Dieser Beamte ist dem gewerbsmäßigen Wucher- und Schiebergesindel aus dem Westen und Hannover ständig auf den Fersen und hält an einer Kreuzungsstation, wohin er vertretungsweise entsandt wurde, scharfe Wacht! Für diese „Berufsgefährdung“ suchte sich ein Mitglied der unser Volksernährung unnötig verteuernden Schiebergesellschaft zu rächen und feuerte am Freitag abend voriger Woche in später Stunde aus dem Hinterhalte 4 Schüsse ab, die erfreulicherweise ihr Ziel verfehlten. Des Täters konnte man bei der leider herrschenden Dunkelheit nicht habhaft werden. Der so hinterlistig Angegriffene blieb glücklicherweise unverletzt und ist nach wie vor auf seinem Posten.“


Rolfshagen. Wie verschiedene Landwirte hier handeln, davonzeugt auch hier ein Bild. Der Landwirt Ludwig Ackmann 7, der sechs bis acht Kühe im Stalle hat, liefert dreiviertel Liter Milch ab. Er war schon immer der schlechteste Butterlieferant und sollte laut ärztlicher Bescheinigung einem durch den Krieg und seine Folgen schwach gewordenen kranken Krieger täglich die vom Arzte verordnete Milch liefern. Ackmann wies den Schein zurück mit dem Bemerken, er hätte keine Milch mehr. Der Kranke klagte seine Not den Bürgermeister. Dieser versuchte es noch einmal im Guten. Da nur mehrere Landwirte schon fünf und sechs Kinder mit Milch versorgen, fühlte sich der Bürgermeister veranlaßt, die Sache dem Landratsamt zu übergeben und dieses sandte eine Kommission nach hier, die mit dem Bürgermeister zu Ackmann ging. Es wurde ihm bedeutet, daß wenn er keine Milch für den Kranken liefere, er die Milch allein nach der Molkerei liefern solle. Darauf erwiderte Herr Ackmann protzig, dann streike er einfach. So gut wie die Arbeiter das Recht zu Streiken hätte, hätte er es auch. Andere haben Leben und Gesundheit draußen lassen müssen, damit er hier gut leben konnte. In dieser zeit wäre der Kranke vielleicht gestorben, wenn es nicht gute Herzen gäbe und er wäre auch mit auf das Denkmal gekommen. An den Folgen des Krieges starben!




Sonntag, den 16. Januar 1921: „Selbstmord eines Liebespaares auf den Schienen. Der Schlosser Paul Heinz aus Plauen hat sich mit dem 17 Jahre alten Dienstmädchen Emma Rödler von einem Zuge überfahren lassen. Beiden war der Kopf vom Rumpfe getrennt worden. Beide hatten sich Hand in Hand verschlungen auf den Schienen herniedergelegt. In einem hinterlassenen Briefe bekunden die jungen Leute, daß sie ihrem Leben freiwillig ein Ende machen wollten, weil ihrer Verheiratung sich unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg gestellt hätten.“


Patriotismus.

Patrioten sind wir nicht, – Die mit ihrer Liebe prahlen – und die vaterländische Pflicht – sich im voraus lassen zahlen, – Patrioten sind wir nicht, – Die dem Ausland Waffen geben, – Patrioten sind wir nicht, – Die vom armen Volke leben.

Patrioten sind wir nicht, – Die vom Menschentume lassen – und zum Hohn auf Lieb´ und Pflicht – Rühmen Krieg und Völkerhassen, – Patrioten sind wir nicht, – die vor Gold und Thron sich bücken, Patrioten sind wir nicht, – die das eigne Volk bedrücken.

Doch sind Patrioten wir, – die das Vaterland beschützen – gegen Welterobrers Gier, – vor Despoten Dräun und Blitzen. – Beste Patrioten sind – Wir, die wir um Freiheit ringen. – Und dem Volk als Angebind´- Licht und Recht und Wahrheit bringen.


Eine Recherche zum Gedicht ergab, dass dieses von Robert Seidel stammt und bereits in der Zeitschrift „Der wahre Jacob“ Nr. 439, Stuttgart den 19. Mai 1903 veröffentlicht worden war.

Zusammenstellung: Ralf Hermes, 17.01.2021 – Die Zeitung befindet sich im Bestand des Stadtarchiv Hameln.

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