Gastkommentar zum Leitartikel: „Der falsche Mann im höchsten Amt“, von Sven Oliver Clausen, DWZ v. 24.05.24

Hameln, 24.05.2024: Eine sehr lesenswerte Analyse zum heutigen Leitkommentar sandte mir gerade Günter Bialkowski. Persönlich hätte ich in seinem letzten Satz noch die Medienschaffenden mit eingeschlossen. Lesetipp!

„Der falsche Mann im höchsten Amt“, von Sven Oliver Clausen, DWZ v. 24.05.24

Nach diesem Leitartikel hatte ich eine Frage: Warum so gnadenlos?  
Sven Oliver Clausen geht in seinem Leitartikel mit dem im zweiten Durchgang gewählten Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier hart ins Gericht. Auffällig, seine Kritik ist nicht nur sachlich begründet, sie umfasst die ganze Person, ziemlich ungewöhnlich, wie man schon aus der Überschrift entnehmen kann. Sicherlich kann man mit einigen Aussagen seiner Rede zum 75. Geburtstag unseres Grundgesetzes unzufrieden sein oder die Rede insgesamt für nicht ausreichend ansehen. Doch die Forderung, dass der Bundespräsident „den ganzen deutschen Laden zusammenhalten soll“ finde unrealistisch und überzogen, dies wird kein Bundespräsident je schaffen, dazu bietet das Amt zu wenig Machtfülle. Und allein auf die Kraft der Worte zu bauen und zu hoffen, dass sie wirken, neuen Mut, Vertrauen, gegenseitige Achtung in der Bevölkerung schaffen darin haben sich schon mehrere Bundespräsidenten versucht und sind gescheitert. Das Amt ist nun mal in hohem Maße appellativ angelegt! Und wie bisher kein anderer Bundespräsident, muß Frank Walter Steinmeier mit vielen gleichzeitigen Krisen nach innen wie nach außen zurechtkommen, so dass die Forderung eine „konstruktive Diskussion zu provozieren, um die Demokratie für alle mit Leben zu füllen“, eine wohlfeile aber schier unmögliche Aufgabe ist, ja eine Überstrapazierung des Amtes darstellt. Mir scheint, hier gefällt sich der Autor wohl selber als Provokateur und vielleicht auch ein wenig als Populist der dem Chefredakteur - der in der  DWZ mehr Tacheles sehen möchte gerne einen Gefallen tut.

Ich sehe in diesem Leitartikel eine Tendenz, die in unserer Gesellschaft leider immer häufiger zu beobachten ist. Statt sachlicher Kritik an Reden und Aussagen öffentlicher Personen, die in unserer Demokratie erlaubt, ja geradezu geschützt ist, erleben wir nicht selten die Infragestellung, die Vernichtung der betreffenden Person oder gar deren sofortigen Rauswurf. Diese ungeduldige, gnadenlose Entwicklung schadet unserer Demokratie und trägt zur Spaltung, letztlich zum Hass untereinander bei. Die Frage ist doch, warum können wir heute so wenig aushalten, obwohl wir doch alle wissen, dass wir kaum noch dialogfähig sind und das Gespräch bitter nötig haben? 

An dieser Stelle bietet der Journalist Clausen eine - von sicherlich mehreren Antworten. Darüber bin ich sehr froh, obwohl ich seinen Gedankengang, schon gar nicht seinen folgenden Schlusssatz teile. Er sagt, man kann etwas besser machen, wenn man seinen eigenen Fehlern mit Selbstkritik begegnet! Unsere Situation ist der Art kritisch, dass sie nicht nur den Bundespräsidenten sondern uns alle in Wallung bringen müsste. Und er nennt an dieser Stelle zwei starke gesellschaftliche Phasen, wo eindeutig von vielen Fehler gemacht worden sind, einschließlich der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es sind die stark ansteigenden Flüchtlingszahlen und die weltweite Pandemie. Da zwischenzeitlich zwei Kriege unsere Sorgen vergrößern, haben wir alle, unser Bundespräsident, unsere Verfassungsorgane und wir als Gesellschaft allen Grund aus unseren Fehlern zu lernen, selbstkritisch mit uns - und anderen gegenüber mit Respekt und im Dialog umzugehen. Nur so können wir der Gemeinschaftsaufgabe gerecht werden und hoffen, dass wir unsere Krisen bewältigen können.

Günter Bialkowski

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