Hameln, 09.05.2025: Günter Bialkowski schrieb mir am 04.05.2025. Es lohnt sich bis zum optimistischen Ausblick am Ende zu lesen…
"Mein Vertrauen ist erschüttert",
diesen Satz spricht der Forscher der deutschen Erinnerungskultur Wolfgang Benz aus Baden-Württemberg. Seinen Beitrag in der DWZ , verfasst am 3./4. Mai 25 von Jan Sternberg „Wer vertraut noch unserer Demokratie?“ und den Kommentar von Markus Decker „Gefährliche Entwicklung“ finde ich sehr gut, beide beschreiben präzise unsere aktuelle Lage. Auch der Beitrag von Philipp Killmann „Ein ungeheuerlicher Vorgang“ ist interessant, weil hier die Bürgerlichkeit in Wort und Bild rüber kommt. Die Redaktion hätte vielleicht erklären können, warum diese Herrschaften drei-viertel Seite für ihre rückwärts gewandte Rhetorik und Denke bekamen.
Mein besonderes Interesse findet der insgesamt pessimistische RND-Beitrag über Wolfgang Benz. Jan Sternberg schreibt über verloren gegangenes Vertrauen und Benz sagt: „Ich halte die Situation für gefährlich und verweise auf historische Parallelen.“ Dass die Situation in D. bezüglich unserer Demokratie gefährlich ist, werden viele besorgte Bürger genau so einschätzen. Auch ich teile sie, dass er allerdings führende Kräfte der AfD für Faschisten aber noch nicht für Nazis hält, weil „noch der Aufruf zum Völkermord“ fehlt, halte ich für eine Fehleinschätzung! Hier blendet Benz viele frühe Erkenntnisse der Forschung einfach aus.
Das war damals schon so: zuerst kamen die Provokationen in Wort u. Schrift (Mein Kampf etc.) und natürlich im Ton, dann die Phase der Radikalisierung auf Straßen und Plätzen, später die mörderischen und systemischen Gräueltaten, Verstöße gegen die Menschlichkeit! Und so machen es „Fr. Weidel, Hr. Gauland und Konsorten mit ihrem Dumm-Geschwätz“ auch heute wieder. Und natürlich beherrschen sie wie ihre Vorbilder die Wirkungen der Öffentlichkeit und der Bilder, heute besonders via Fernsehen.
Man braucht nur in die Gesichter der AfD-Abgeordneten im deutschen Bundestag schauen, da sieht man, wie sie auf der Klaviatur der Massenpsychologie und ihren Wirkungen spielen, euforisch und frenetisch Beifall klatschen! Ich glaube es sind zum großen Teil diese Bilder die in vielen Wohnzimmern der Republik Euphorie und Zustimmung für die AfD generieren. Die Maskerade der spießerhaften Bürgerlichkeit wird hier vortrefflich zelebriert - endlich eine Partei die dem ganzen links-liberalen Zeitgeist entgegen tritt! Ja - ich glaube hier kommen Aufklärung und unser ganzer technischer Fortschritt an ihre Grenzen. Politik und Parteien werden zur Show, unterlegt mit viel gespielten Emotionen, wie es meisterhaft Politiker in Washington DC vormachen. Hier müssen unsere demokratischen Parteien und ihre Spitzen schnell dazu lernen, denn im nächsten Jahr stehen mehrere Wahlen an! Und natürlich müssen die sozialen Medien von Polizei und Verfassungsschutz besser kontrolliert werden. Sie sind eine weitere Quelle zersetzender Hetz- und Hassgefühle gegen Minderheiten.
Zum Schluss ein optimistischer Ausblick. Auch ich komme manchmal ins Grübeln, über den unverdienten Zuspruch den die AfD z.Z. einheimst. Was bei uns und in der Welt abläuft ist rational nicht zu fassen, sonst würden unsere Demokratien expandieren. Ich glaube, wir müssen alle mehr Tages-Psychologie, Gefühl und Emotionen in unser Reden, Denken und Handeln aufnehmen, auch wieder mehr Nähe zeigen und den eigenen Egoismus zurück fahren. Das kann man lernen, denn die Täuscher, Trickser u. Kümmerer der AfD sind damit sehr erfolgreich! Noch ist die Mehrheit unserer Gesellschaft für die freiheitliche Demokratie, sorgen wir bis zu den nächsten Wahlen gemeinsam für Optimismus.
Denn ein Trend ist ein Trend, beeinflussbar, gar umkehrbar! Nehmen wir den Kampf auf! Die AfD ist regierungsunerfahren, kann außer ihrer völkischen Ideologie nichts! Ein Teil ihrer Führungsleute sind gescheiterte Existenzen. Auch das ist eine Parallele. Was sie zur Führung unserer export-orientierten Wirtschaft und komplexen aber freien Gesellschaft qualifizieren soll, bleibt sie uns schuldig. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus Selbstüberschätzung und Größenwahn.
Günter Bialkowski