„Mehr als 1 Million Euro für 10 Radfahrende?“ Gedanken zum Radweg Hastenbeck-Afferde (#dewezetkorrektiv)

Hameln, 21.10.2025: Heute veröffentlicht die DEWEZT auf Seite 1 des Hameln-Teils ihren dritten, langen Beitrag zur Fahrradstraße zwischen Hastenbeck und Afferde. Eine Bewertung:

Schon der erste Satz von Herrn Thimm ist nicht ganz richtig. Er schreibt: Das Für und Wider der Fahrradstraße wird zwischen Befürwortern und Kritikern breit diskutiert.“ In der DEWEZET konnte man bisher fast ausschließlich Argumente und Emotionen für das Wider lesen. Man könnte meinen, dass sich das in den folgenden Zeilen ändert. Hier kommen nun (nach zwei großen Kontraberichten in Stil von Anklageschriften und dutzenden negativer Kommentare in den „sozialen“ Medien) zwei Befürworter des Projektes zu Wort.

Allerdings wiederholt Herr Thimm zunächst noch einen „Anklagepunkt“, auch wenn die Aussage falsch ist*. Die Eigentümer haben keinerlei Mitspracherecht an der Verkehrsregelung der Straße, aber durch ständige Wiederholungen, das kennt man aus der Werbung, verfestigen sich halt Meinungen. Im Journalismus nennt man das Framing.

Anschließend schreibt Herr Thimm: „Die Ortsbürgermeister von Afferde und Hastenbeck, Björn Lönnecker und Steffen Knippertz (beide SPD), teilen auf Nachfrage der Dewezet übereinstimmend mit, dass sie ja eigentlich gar keine Fahrradstraße wollen, sondern nach wie vor einen von der Straße getrennten Fuß- und Radweg entlang der Verbindungsstraße zwischen den Orten favorisieren.“ Im folgenden dann Zitate der beiden, die man als sich winden, zurückrudern und die Verantwortung an die Verwaltung abschieben interpretieren könnte.

Beachte: Der Ankläger (Thimm) befragt die Angeklagten (Knippertz und Lönnecker) und berichtet dann über ihre Antworten. Sämtliche „Macht“ liegt beim Fragestellenden und Berichtenden. Was wird gefragt, was wird von den Antworten veröffentlicht? Ich gehe davon aus, dass alle Zitate so richtig sind. Ich bin mir aber auch sicher, dass bei einem anderen Berichterstatter der Beitrag ganz anders hätte ausgefallen können.

Herr Thimm hat sich zu dem Thema eindeutig positioniert, seine Vorberichte sind für mich ein Paradebeispiel für einseitigen Kampagnenjournalismus.

Begründung:  Für eine Bewertung des „Lösungsvorschlages“ eigenständiger Fahrradweg fehlen zwei entscheidende Informationen:

a) Kosten: Was kosten 1.200 Meter Radweg neben der Fahrbahn?

    (Ich schätze mal ganz grob eine bis 1,5 Millionen Euro.*)

    b)Verfahrensdauer: Wie lange dauert es, bis die ersten Fahrradfahrenden dann den Radweg nutzen können?

    (Ich schätze 5-10 Jahre)

    Noch eine Frage wäre wichtig. Wie würde wohl die Schlagzeile in der DEWEZET lauten, wenn sich Verwaltung und Politik für die Millionenlösung Radweg (für angeblich nur 10 Fahrradfahrer) entschieden hätten?

    Aus meiner Sicht erleben wir hier schlechten Journalismus. Der Chefredakteur nutzt die Macht seines dominanten Lokalmediums um Veränderungen kaputtzuschreiben. Nicht zum ersten Mal. Ich möchte an den Versuch erinnern, im Rahmen eines Probelaufes die Baustraße* mit Begrünung aufzuwerten.  


    Ich möchte daher nicht müde werden von der Zeitung zu erwarten, dass sie ihren Berichten das Für und Wider der Maßnahmen ausgewogen und sachlich darstellt. Gerne dann mit kritischem Kommentar und auch gerne mit sehr kritischen Bürgerstimmen dazu. Das vollständige Weglassen der Gegenposition aber ist einfach nicht in Ordnung.


    Für das Sachthema gibt es aber durchaus Hoffnung: Verwaltung und Politik sind nicht gezwungen, der Verriss-Kampagne des DEWEZET-Chefredakteurs und den negativ Kommentaren der Facebook-Community Folge zu leisten. Sie können einfach bei ihrem Plan bleiben und schauen, wie sich die Fahrradstraße zwischen Hastenbeck und Afferde nach einer ausreichend langen Eingewöhnung bewährt. Meine Prognose: Genau so wird es laufen, auch wenn Herr Thimm hier etwas anderes suggeriert.

    Die Lokalgeschichte hat dazu auch ein Positivbeispiel. Es ist die Radwegequerung über den Deisterfriedhof. Ältere werden sich an den Aufstand der DEWEZET-Chefredaktion (damals Herr Dr. Grießer) im Jahre 1998 – aufgehängt an den Protest eines Ratsherrn – erinnern. Heute ist die Kritik an dieser Maßnahme bis auf ganz wenige Stimmen verstummt. Hätte man damals dem durch die Berichterstattung geförderten veröffentlichten Meinungsbild Folge geleistet, müssten Fußgänger und Radfahrer immer noch die Deisterstraße oder den Friedrich-Maurer-Weg für ihren Weg zum Wochenmarkt und in die Innenstadt nutzen.


    * gemeint ist der Satz „66 Personen – wehren sich, dass Politik und Verwaltung über ihren Grund und Boden verfügen, ohne sie zuvor ausreichend eingebunden zu haben.“ – Im Ortsrat Hastenbeck wurde am 14.11.2024 das Thema in einer öffentlichen Sitzung diskutiert. Die Sitzung wurde sogar für eine Aussprache mit den Zuhörenden unterbrochen.

    * Zu den Kosten für den Bau eines Radweges siehe:

    https://www.zeit.de/news/2023-03/13/hohe-baupreise-bremsen-auch-ausbau-von-radwegen

    * zum Thema Versuch Baustraße Hameln siehe: https://hamelnerbote.de/archive/15642


    Mit freundlichen Grüßen

    Ralf Hermes


    Siehe auch:

    herral, 21.10.2025

    2 Gedanken zu „„Mehr als 1 Million Euro für 10 Radfahrende?“ Gedanken zum Radweg Hastenbeck-Afferde (#dewezetkorrektiv)“

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.