Bankrotterklärung (2) der DEWEZET an den Qualitätsjournalismus. Eine persönliche Bewertung.

Ich war drei Tage auf einem sehr hochkarätigem Seminar zum Thema „Populismus“ und habe mir bis Sonntag noch diverse Museen und Örtlichkeiten der Geschichte (u.a. Topographie des Terror und die Gedenkstätte Deutscher Wiederstand) in Berlin angesehen. Zwischendurch, durchaus im Eindruck des gehörten habe immer mal wieder in die Dewezet – online – geschaut. Fassungslos, was ich da lesen musste. Gepostet habe ich auf Facebook am 9.05.2019:

„Die Dewezet ist sich mit ihrer Kampagne gegen die Verwaltung und den Landrat mittlerweile für nichts mehr zu schade. Abscheulich was Herr Thimm da abzieht, um mal klar Position zu beziehen. #dewezetkorrektiv Wann werden die vernünftigen Leser eigentlich mal wach und wehren sich gegen diesen Schmutz.“

Auf der Heimfahrt nach Hameln habe ich dann die Berichte der Woche zum Thema Lügde in der DEWEZET zusammenfassend gelesen. Hier meine persönliche Bewertungen:

Für mich hat der Journalismus des Herrn Thimm in der DEWEZET nichts mehr mit dem zu tun, was objektiven, fairen, ausgewogenen und kritischen „Qualtiätsjournalismus“ beschreiben könnte. Hier wird nicht „berichtet“, sondern selektiv zugeschnitten und bewertend gelenkt. Nicht der Leser kann objektiv vergleichen, was es an unterschiedlichen Positionen gibt, sondern es wird mittlerweile über Monate gezielt auf das, was als am Samstag im Leserbrief von Herrn D. formuliert wurde, hingearbeitet.

Wo ist der Übergang von „berechtigte Kritik üben“ zum Beginn von Hetze? Journalismus, der an diese Grenze herangeht, arbeitet für mich eindeutig dem Rechtspopulismus zu.

Eine Zeitung ist weder Staatsanwalt, noch Richter. Ich lese jetzt seit etwa 1987 die DEWEZET, ich habe schon manche „Meinungsverschiedenheiten“ mit Herrn Dr. Grießer, Herrn Dr. Wünsche, Brigitte Niemeyer oder Herrn Werner gehabt. Was sich Herr Thimm jetzt leistet, hat eine neue Dimension. Das ist jetzt meine Bewertung als Leser, der trotzt aller Kritik im Einzelfall immer für die DEWEZET als wichtiges lokales Medium geworben hat. Informationen sind die Lebensadern der Demokratie. Werden sie vergiftet, ist unsere Gesellschaft in ernster Gefahr.

Ich beschäftige mich jetzt seit gut einem Jahr mit den Geschehnissen nicht nur der Polizei in der Weimarer Republik. Die derzeitigen Verhältnisse weisen besorgniserregende Parallelen auf. Noch sind wir an einem fortgeschrittenen Anfang. Die gesellschaftliche Verantwortung, die die Medien und bei uns vor Ort die DEWEZET haben/hat, ist enorm. Die Chefredaktion trägt wie Herr Bartels die Verantwortung für Ihre Mitarbeiter. Ich kann mir nur wünschen, dass noch jemand die Einsicht bekommt und die Zeitung von ihrem auch selbstzerstörerischen Weg zurück auf den sog. „Qualitätsjournalismus“ führt. Den zu bezahlen, muss man nicht nur bereit sein, sondern auch verantworten können.

Als Vergleich noch folgendes konkretes Beispiel:

Die DEWEZET berichtet auf Grundlage eines NDR Beitrages über eine angeblich unangemessene Behandlung des leiblichen Vaters. Dieser Sachverhalt war Grundlage der weiteren Wochenberichte. Siehe Bezugsbericht des NDR hier:

Lügde: Hamelner Jugendamt im Kreuzfeuer der Kritik

Bericht der DWEZET: Link klicken

In keinen der Beiträge konnte die Sichtweise des Jugendamtes gelesen, bzw. gegenübergestellt werden. Dieses ist auch sehr schwer, weil die persönlichen Verhältnisse in solchen Sachverhalten oftmals kritisch sind und nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Die Anschuldigungen des leiblichen Vaters (beachte, er hat seine Kritik nach eigenen Angaben auf den Anrufbeantworter des Jugendamtes gesprochen) stehen emotional aufbereitet im Raum.

Wie kann man sich aus Landkreissicht in einem solchen Fall rechtfertigen/wehren?

Auf der Facebookseite von Radio Aktiv wurde dann die Antwort des Landkreises am 8. Mai um 17.36 Uhr im Orginal veröffentlicht:

Missbrauchsfall Lügde: Landkreis Hameln-Pyrmont nimmt Stellung zu den Vorwürfen des Kindsvaters

Zu den von dem Kindsvater gemachten Aussagen wird von hier aus wie folgt Stellung genommen:

• Der Kindsvater hat die Vaterschaft nicht anerkannt, diese wurde vielmehr vom Amtsgericht im Rahmen eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens per Beschluss festgestellt. 
• Der Kindsvater hat zu keinem Zeitpunkt ein Umgangsrecht oder das Sorgerecht für seine Tochter beantragt. 
• Unterhaltszahlungen hat der Kindsvater zu keinem Zeitpunkt geleistet. Die Sicherstellung des Lebensunterhaltes des Kindes erfolgte von Geburt an durch Unterhaltsvorschussleistungen des Jugendamtes. . • Nachdem der Kindsvater nach der Geburt zunächst regelmäßige Besuchskontakte hatte, wurden diese in den folgenden Jahren zunehmend unregelmäßiger. Seit 2014 gibt es in den hier geführten Akten keinen Hinweis mehr auf Besuchskontakte zwischen Vater und Tochter. 
• Aus den hier geführten Akten ergibt sich kein Hinweis darauf, wonach sich der Kindsvater, insbesondere im Jahr 2016, wiederholt mit dem Jugendamt in Verbindung gesetzt haben will. 
• Es liegen auch keine Aktenvermerke darüber vor, in denen er sich über die Wohnunterkunft auf dem Campingplatz beschwert.

Alle weiteren Aspekte, die der Kindsvater nicht selbst öffentlich gemacht, unterliegen dem Sozialdatenschutz und können daher nicht in der Öffentlichkeit erörtert werden. Aufgrund des sich aus den v. g. Punkten ergebenden Gesamteindrucks, wonach sich ein ernstgemeintes Interesse an dem Kind und väterliche Fürsorge nur schwer erkennen lassen, sowie des fehlenden Umgangs- bzw. Sorgerechts wurde hier keine Veranlassung gesehen, ihm Auskünfte zu erteilen.

Nachdem der Kindsvater Anfang Februar 2019 mit dem Jugendamt in Kontakt getreten ist, gab es inzwischen mehrere Gespräche im Jugendamt, an denen er beteiligt wurde. Auch künftig soll die Zusammenarbeit mit ihm zum Wohle seines Kindes fortgesetzt werden. Zur politischen Bewertung nimmt Landrat Tjark Bartels deutlich Stellung: „Von allen Beteiligten ist der Landkreis die einzige Behörde, die von Beginn an detailliert informiert und von sich aus Fehler benannt hat. Gleichzeitig sehen wir es als unsere Verantwortung an, Konzepte und Lösungen zu entwickeln, um Missbrauch viel früher zu entdecken und Kinder zu stärken und damit einen wichtigen Beitrag für alle mit Kinderschutz betrauter Arbeit liefern zu können. Eine intensive Projektarbeit haben wir bereits im Februar begonnen.“ Wenig Verständnis hat Bartels für den politischen Umgang mit diesem Fall. „Die unreflektierte Empörungsrhetorik wird weder der Sache gerecht noch hilft sie weiter! Die Trittbrettfahrer und Steinewerfer, die versuchen, politisches Kapital daraus zu schlagen, instrumentalisieren den Missbrauchsfall und sind aber selbst beim Thema Prävention und Aufarbeitung nicht zu sehen auf weiter Flur“, erklärt Bartels.

Wie und was die DEWEZET daraus journalistisch in ihren Beitrag vom 9.5.2019 veröffentlicht hat, ist hier nachzulesen:

Landrat spricht von Empörungsrhetorik im Fall Lügde

Der NDR titelte:

Lügde: Landkreis weist Vorwürfe von Vater zurück

Bilden Sie sich selbst ein Urteil.

Meine Bewertung aber steht und ist extrem beunruhigend: Was muss eigentlich noch passieren, bis erkannt wird, wie die DEWEZET im Kern die Rechtspopulisten großschreibt? Hier ist Zivilcourage und Widerspruch gegen den Stil unserer Zeitung im Fall Lügde gefordert. Die fortwährende und meines Erachtens in der Dimension und im Stil ungerechtfertigte Zerrüttung des Vertrauen in staatliches Verwaltungshandeln ist leider auch nur ein Aspekt im Handeln der Zeitung aus meiner Sicht.

Der Rechtsruck und die Polarisierung in unserer Gesellschaft fällt nicht vom Himmel, sondern wird durch unseriöses Medienhandeln, was nichts mehr mit Pressefreiheit oder verantwortungsvollen Journalismus zu tun hat, begünstigt.

Ralf Hermes, 13.05.2019

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