Opfergedenken Nationalsozialismus: „In eurem Schatten beginnt mein Tag.“

Veranstaltung mit Oberbürgermeister Claudio Griese und der Autorin Veronica Frenzel zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus in Hameln.

Hameln, 27.01.2023: „Wir Deutschen haben für immer aus der Geschichte gelernt. Wir trotzen dem Gift des Nationalsozialismus.“ Er sei aufgewachsen mit der Überzeugung, dass das, womit Deutschland sich laut Bundespräsident Steinmeier mit großer historischer Schuld beladen hat, nie wieder passiert. So der Leiter der Volkshochschule Hameln in seiner Einführung zur Gedenkveranstaltung der Stadt Hameln.

Dann kommt der Folgesatz: „Diese Überzeugung hat in den letzten Jahren mehr und mehr Risse bekommen.“ Daher freue er sich über das Interesse an der von der VHS organisierten Veranstaltung und sage Dank an das Team der Theodor-Heuß-Realschule und das Ensemble der Musikschule Wilhelm Homeyer, das unter Leitung von Natalie Wiest die Veranstaltung musikalisch begleitet.

„12 Jahre Diktatur haben das Land geprägt. Die Weimarer Republik wurden auf demokratischem Weg von innen zerstört. Eine Gefahr, die immer mal wieder aufflackert.“ So Claudio Griese zu Beginn seiner Rede, die dann an Hans Frank und seinen Sohn Niklas Frank anknüpfte. Der eine ein hingerichteter Verbrecher des NS-Regimes. Der andere sein Sohn. In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung „Eine Fuge für Hitlers Anwalt“ wird auch das toxische Verhältnis der NS-Vergangenheit des Vaters für das Leben des Sohnes erläutert.

Um genau diese familiären Prägungen und Konflikte ging es dann in der Lesung mit Veronica Frenzel aus ihrem im Sept. 2022 erschienenen Buch „In eurem Schatten beginnt mein Tag“.

„Da leben Asoziale, sieh dich vor. … Hüte dich vor diesen Buben“. Diese Zitate aus Erinnerungen an ihre Großmutter verknüpfte sie mit dem Satz „Niemand hat mich vor Oma gewarnt“. Ihre damals mitgegebene Weltsicht würde heute noch wirken.

In den dann folgenden etwa 30 Minuten brachte sie Passagen aus ihren Erfahrungen mit der Auseinandersetzung in der Familie zur Verantwortung in der NS-Zeit.

Im radio aktiv Bericht kommt die Autorin zu Wort. Wer sich einen Eindruck machen möchte findet diesen unter: https://www.radio-aktiv.de/2023/01/28/hameln-gedenken-an-die-opfer-des-nationalsozialismus/

Mein persönliches Fazit: Die Referentin sprach ein Thema an, mit dem zu beschäftigen sich manche nicht wünschen. Die Auseinandersetzung mit der Tätergeschichte der NS-Zeit ist in vielen Familien ein Tabuthema. Vielleicht beginnt jetzt die Zeit, diesen wunden Punkt anzufassen. Die Art des Vortrags von Frau Frenzel war sehr persönlich geprägt. In einer Sprache, die für mich noch ein Gegenpol (mal positiv formuliert) zum allgemein gewohnten ist. Mancher Denkanstoß, z.B. die Frage, wie Eltern/Großeltern indirekt prägten und geben NS-Weltanschauungen subtil weitergaben, war gut. Manches durch die sehr konsequent geschlechtsneutrale Ausdrucksweise für mich befremdlich. Das soll aber nicht vom eigentlichen Thema ablenken.

Insgesamt war die Veranstaltung auch durch die klare Rede von Herrn Griese ein sehr lohnenswerter Nachmittag. Erfüllt wurde in der Summe genau das, was Ziel seine sollte: Anregen zum Nachdenken.

65-70 Teilnehmenden hatten die Veranstaltung besucht. Ein klares Zeichen setzte ein uniformierte „Block“. Die Justizanstalt war nicht nur mit einem Repräsentanten, sondern einer ganzen Abordnung von Beschäftigten auch aus dem Basisdienst vertreten. Für die Polizei war der Inspektionsleiter Matthias Kinzel, begleitet von Führungskräften und Mitarbeitenden mit dabei. Hier zeigen sich die Vereinbarungen, die im Netzwerk „Schutz der Demokratie und ihrer Akteure im Weserbergland“ für eine Präsenz auch nach außen abgesprochen worden waren.

Von den Bundes-/Landtagsabgeordneten war Britta Kellermann (Grüne) dabei, zusammen mit einer Abordnung der Partei und der Fraktion (Bürgermeister Hagen Langosch, Mechthild Clemens u.a.). Von der CDU habe ich Herrn Siegmund und Gerd Paschwitz gesehen. Die FDP war mit den neuen Kreistagsabgeordneten Klaus-Peter Wennemann, Herrn Habenicht und anderen vertreten. Von der SPD waren sicherlich auch Vertreter im Zuschauerraum. Etwas abseits sitzend habe ich die Verlegerin/Chefredakteurin der DEWEZET gesehen. Für radio aktiv war der Chefredakteur Anton Posnak-Sommer mit dabei.

herral, 29.01.2023