Hameln, 02.04.2024: Eigene Meinung: Die öffentliche Rüge des Presserates bedarf keiner weiteren Bewertung. Sie spricht für sich. Der Umgang der DEWEZET mit dieser Rüge ist ein zweiter Fehltritt, ein Verstoß gegen die guten Regeln des Journalismus. Die Chefredaktion akzeptiert das Urteil des eigenen Kontrollgremiums nicht. Der Verweis auf die Klugheit des Lesers bei der Bewertung einer nicht repräsentativen Umfrage unterschlägt den Kern der Kritik des Presserates, nämlich die irreführe Verknüpfung der Umfrage mit den Aussagen des Landrates zu einer anderen Fragestellung.
Ein Leser bewertete diese Aussage sehr treffend mit folgendem Social-Media-Kommentar: „Ich halte die Leser auch für klug genug, selber die Rüge ohne Anmerkung der Redaktion richtig zu interpretieren.“
Die Chefredaktion zeigt sich zum Eingeständnis, einen Fehler gemacht zu haben, nicht in der Lage. Souverän wäre es gewesen, das Urteil des Presserates anzunehmen, angemessen zu veröffentlichen und sich beim Landrat förmlich zu entschuldigen. Wichtig wäre auch eine interne Revision des Berichtsstils des betreffenden Journalisten.
Der Umgang mit Kritik ist schwer. Davon wissen insbesondere Menschen zu reden, die berufsmäßig Kritik an anderen üben müssen. Lehrer bei der Notenvergabe, Polizistinnen oder Mitarbeiter von Ordnungsämtern bei der Verteilung von Verwarnungen, Journalisten, wenn sie den Finger in die Wunde legen und Missstände aufdecken.
Besonders hohe Ansprüche zum Umgang mit Kritik sind gerade deshalb an „Berufskritiker“ zu stellen.
Der DEWEZET Chefredaktion gelingt dieses oftmals nicht. Sie verhält sich kritikresistent und vermittelt eine Aura der Unantastbarkeit. Mehr noch, die Zeitung sanktioniert ihre Kritiker mit teils offener, teils subtiler Zurechtweisung und späterem Berichtsentzug. #dewezetkorrektiv
„Machtspiele“ eines Monopolmediums, welches sich selbst oft zu wichtig nimmt.
Ralf Hermes, 04.04.2024
Zum Hintergrund: Am 15.03.2024 veröffentlichte der Deutsche Presserat die öffentliche Rüge eines Berichtes von Thomas Thimm vom 23.10.2023. Das Gremium der freiwilligen Selbstkontrolle der Print- und Onlinemedien ist zuständig für die Wahrung des Ansehens der Presse und Kontrollgremium zur Einhaltung ethischer Standards und Verantwortung im Journalismus. Die öffentliche Rüge ist die härteste Sanktion der Beschwerdeausschüsse. Sie muss von der Redaktion in einer ihrer nächsten Ausgaben veröffentlicht werden. Die DEWEZET wurde erstmalig in den letzten 20 Jahren mit so einer Sanktion belegt.
Die DEWEZET veröffentlichte die Rüge zunächst nicht.
Am 28.03.2024, also 13 Tage nach Bekanntwerden, stellt der Landkreis als Beschwerdeführer die Information über die Rüge auf seine Homepage ein. Dazu die Hintergrundinformation, dass die DEWEZET zuvor eine Gegendarstellung zum jetzt gerügten Artikel im Oktober 2023 verweigert hatte. Erst daraufhin hatte der Landkreis das Beschwerdeverfahren mit Hinweis auf Verstoß gegen die Einhaltung der Sorgfaltspflicht eingeleitet.
Der Presserat gab dem Beschwerdeführer recht, bewertete die Berichterstattung als irreführend und als schweren Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht.
Konkret: „Zwar hatte die Redaktion im Artikel mitgeteilt, die Umfrage mittels Online-Umfrage-Tools sei nicht repräsentativ. Die Überschrift „Mehrheit der Leser hat Sorgen wegen Integration“ suggerierte jedoch die Aussagekraft für die gesamte Leserschaft. Darüber hinaus stellte die Redaktion Umfragewerte zu Migrationsthemen, die sich auf Deutschland bezogen, Aussagen des Landrats zur Situation vor Ort gegenüber. Die auf dieser Basis erfolgte redaktionelle Einordnung, die Sichtweisen der Leser seien konträr zu denen des Landrats, war insofern nicht ausreichend von den zugrundeliegenden Informationen gedeckt und irreführend.“
Die Homepagemeldung des Landkreises fand ab dem 28.03.2024 über verschiedene Meldungen auch über Social Media Verbreitung. Hier beim Boten berichteten wir erstmalig am 30.03.2024 darüber.
Der gerügte Chefredakteur der DEWEZT versandte am 31.03.2024 sein „Tacheles-Newsletter“ als „Post aus der Chefredaktion“ ohne auf die Rüge des Presserates einzugehen.
Am 02.04.2024, also 18 Tage nach Bekanntwerden der Rüge, veröffentlichte die Zeitung auf Seite 18 unten rechts mit der Überschrift „Presserat hat entschieden“ u.a. den Text der Rüge. Den Pflichtveröffentlichungstext ergänzte die Zeitung mit dem Hinweis auf die Personalien der Beschwerdeführerin (Pressesprecherin des Landkreises) und folgender „Anmerkung der Redaktion: Wir drucken die Rüge aus Gründen der Transparenz ab, ohne der Begründung des Presserates zu folgen. Wir halten unsere Leser für so klug, dass sie einen redaktionellen Hinweis auf eine nicht repräsentative Umfrage dahin gehend verstehen, dass nicht alle Leser gemeint sind, sondern die Umfrageteilnehmer bzw. deren Mehrheit.“
Nachtrag 05.04.2024: Bemerkenswert ist noch, dass die DEWEZET in ihrer Veröffentlichung zur Rüge den Namen der Pressesprecherin des Landkreises als Beschwerdeführerin nennt, der Name des Verfassers des Artikels (jetzt Chefredakteur Thomas Thimm nicht erwähnt wird).
Ein Gedanke zu „Eigener Kommentar: Kritikresistent? Zur öffentlichen Rüge eines DEWEZET-Berichtes durch den Presserat #dewezetkorrektiv“