Hameln, 10.01.2022: Pünktlich um 17 Uhr ging es wieder los. Durchsage an die sich auf dem Münsterkirchhof versammelnden Kerzentragenden. Diesmal war die Polizei sehr offen präsent. In Fahrzeugen, zu Fuß, mit Einsatzausrüstung oder aber als Konfliktmanager mit gelben Polizeiwarnwesten. Die Demonstranten setzten sich sofort – scheinbar auch etwas verunsichert – in Bewegung, diesmal ging es direkt in die Fußgängerzone.
Die Polizei forderte per Lautsprecher unmissverständlich zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf. Rund 80 % der Teilnehmenden folgten dieser Aufforderung. In der Bäckerstraße erfolgte dann durch begleitende Bereitschaftspolizisten die direkte Aufforderung an einzelne Teilnehmende und anschließend die erste Personalienfeststellung. Der Zug stoppte, ging dann zögernd weiter. Auf dem Pferdemarkt zählte ich ca. 120 Demonstranten, jetzt fast alle mit Masken. Es erfolgte eine Umrundung der Marktkirche. Bereitschaftspolizisten liefen in voller Einsatzausstattung in Gruppenstärke in die Osterstraße und bildeten eine Polizeikette. So wurde den Aufzugteilnehmern der Weitermarsch durch die Fußgängerzone in Richtung Deisterallee untersagt. Der Demonstrationszug bog zunächst stockend ab in Richtung Kopmanshof. Nicht alle Teilnehmenden folgten. Kleinere Grüppchen mit Kerze, aber ohne Maske, sonderten sich ab.
Standortwechsel. 17.30 Uhr am Rathausplatz. Hier war die Einweisung der rund 40 Ordner der Mahnwache beendet. Die mit Warnwesten erkennbaren Ordner verteilten sich auf dem Rathausplatz. Dieser war mit Absperrgittern und Polizeifahrzeugen in Richtung Kastanienwall abgesperrt. Polizeibeamte in Einsatzkleidung kontrollierten die Zugänge. In der Dunkelheit erfolgte ein Zustrom von Menschen. Alle mit Maske, alle gingen abgesetzt auf Distanz oder verblieben in kleinen Gruppen. Eine ganze Reihe von Vertretern der verschiedenen politischen Parteien waren darunter. Viele Menschen konnte man in der Dunkelheit des Platzes aber auch nicht erkennen. Nur ganz vereinzelt wurden Transparente mitgeführt. Kerzen gab es keine.
Es gab zwei kurze Ansprachen. Oberbürgermeister Claudio Griese forderte sehr engagiert Zusammenhalt und Solidarität in der Stadt, ohne die wir als Staat keine Zukunft haben. Die Menschenkette sei ein wichtiges Zeichen. Landrat Dirk Adomat schloss sich in einer kurzen Rede diesen
Worten an. Beide bedankten sich bei allen Teilnehmenden und dem Organisationsteam der Veranstaltung. Es gab lauten und anhaltenden Beifall.
Danach verteilten sich die Anwesenden in einer langen Kette um das Rathaus und geschlängelt über den Rathausplatz. Ordner gingen entlang der Kette und kontrollierten die Abstände. Grund zum Einschreiten gab es nicht. Mit Bändern, Tüchern und Schals schaffte man Verbindung, wie auch Distanz.
Zu dieser Zeit dürften sich wohl zwischen 300 und 400 Menschen auf dem Rathausplatz befunden haben.
Nach gut 10 Minuten löste sich die Kette auf Aufforderung wieder und es folgte ein Andacht von Pastor Vetter an den Gedenkstelen für die heimischen Corona-Toten:
„Wir denken an diesem Abend an die Verstorbenen aus zwei Jahren Pandemie: 61 in unserer Stadt, 114 in unserem Landkreis, Tausend Mal so viel in der Bundesrepublik Deutschland. Wir erinnern uns an Menschen, die wir kannten – und heute vermissen, die wir nicht gekannt haben – und trotzdem vermissen. Wir vermissen ihr Lachen, ihre gute Laune, ihre kreative Ideen, ihre Traurigkeiten und ihre mahnende Stimme.
Wir sehnen uns nach ihrer Phantasie und nach ihrer Widerständigkeit. Weil wir sie vermissen, jede Frau, jeden Mann, gestorben an und mit und durch Covid 19. Weil wir sie alle vermissen, unternehmen wir alles ,nicht noch mehr Menschen zu verlieren: Wir halten Abstand und tragen Masken, wir lassen uns impfen und boostern. Damit wird unsere Freiheit nicht eingeschränkt. Die Freiheit, die – nach meinem Glauben – von Gott geschenkt ist, die Freiheit, die von Menschen vor unserer Zeit erkämpft wurde, die Freiheit, die im Grundgesetz für uns alle festgeschrieben bleibt. Es ist gerade ein Ausdruck dieser Freiheit, uns und alle, die wir lieben, zu schützen, indem wir unsere Freiräume einschränken, damit wir bald wieder miteinander feiern können, uns im Kino und Theater treffen, und beim Sport im Stadion.
Bis dahin begleite und schütze uns der Segen dessen, zu dem jede und jeder von uns betet, auf den jede einzelne und jeder einzelne hofft, auf all unseren Wegen, auf unseren Spaziergängen, in allen Tagen des Lebens schütze und bewahre uns der, der zu allem mächtig ist.„
Die Menge zerstreute sich danach. Als der Platz schon fast geleert war, kam eine Gruppe Spazierdemonstranten vorbei. Die Menschen blieben am Rand des Platzes stehen. Eine Frau spielte laut über ihr Handy „We shall overcome“. Eine andere Frau überreichte uns folgendes DIN A 4 Blatt:
Polizeibeamte schalteten sich nach einiger Zeit ein und jeder ging seines Weges.
Zum Abschluss möchte ich das Plakat von Tom Jürgens wiedergeben:
Links zu anderen Berichten:
Redeausschnitt des Oberbürgermeisters bei Facebook:
https://www.facebook.com/RathausHameln/videos/3195358980688171
herral, 10.01.2022
Toller Job der Polizei! Anerkennung! Für ein demokratisches, soziales, rechtsstaatliches und „buntes“ Leben in Deutschland!
Wie viel Ihrer Zeit Sie investieren!!!!
Ich bewundere Ihr Engagement. – Danke
Danke, ich habe immer noch die Hoffnung, dass es Leute gibt, die mit den Infos was anfangen können. Schöne Grüße.